Montag, 26. September 2011

Sehen wir uns im Himmel wieder?

Die beiden Zwillinge, von Klaus Berger

Es geschah, dass in einem Schoß Zwillingsbrüder empfangen wurden. Die Wochen vergingen, und die Knaben wuchsen heran. In dem Maße, in dem ihr Bewusstsein wuchs, stieg die Freude: "Sag, ist es nicht wunderbar, dass wir leben?!" Die Zwillinge begannen, ihre Welt zu entdecken. Als sie aber die Schnur fanden, die sie mit ihrer Mutter verband und die ihnen die Nahrung gab, da sangen sie vor Freude: "Wie groß ist die Liebe unserer Mutter, dass sie ihr eigenes Leben mit uns teilt!" Als aber die Wochen vergingen und schließlich zu Monaten wurden, merkten sie plötzlich, wie sehr sie sich verändert hatten.
"Was soll das heißen?", fragte der eine.
"Das heißt", antwortete der andere, "dass unser Aufenthalt in dieser Welt bald seinem Ende zugeht."
"Aber ich will gar nicht gehen", erwiderte der eine, "ich möchte für immer hier bleiben."
"Wir haben keine andere Wahl", entgegnete der andere, "aber vielleicht gibt es ein Leben nach der Geburt!"
"Wie könnte das sein?", fragte zweifelnd der erste, "wir werden unsere Lebensschnur verlieren, und wie sollen wir ohne sie leben können? Und außerdem haben andere vor uns diesen Schoß verlassen, und niemand von ihnen ist zurückgekommen und hat uns gesagt, dass das es Leben nach der Geburt gibt. Nein, die Geburt ist das Ende!"
So fiel der eine von ihnen in tiefen Kummer und sagte: "Wenn die Empfängnis mit der Geburt endet, welchen Sinn hat dann überhaupt das Leben im Schoß? Es ist sinnlos. Womöglich gibt es gar keine Mutter hinter allem."
"Aber sie muss doch existieren", antwortete der andere, "wie sollten wir sonst hierher gekommen sein? Und wie könnten wir am Leben bleiben?"
"Hast du je unsere Mutter gesehen?", fragte der eine. "Womöglich lebt sie nur in unserer Vorstellung. Wir haben sie uns erdacht, weil wir dadurch unser Leben besser verstehen können."
Und so waren die letzten Tage im Schoß der Mutter gefüllt mit vielen Fragen und großer Angst.
Schließlich kam der Moment der Geburt. Als die Zwillinge ihre Welt verlassen hatten, öffneten sie ihre Augen. Sie schrieen. Was sie sahen, übertraf ihre kühnsten Träume.
                               
Sehen wir uns im Himmel wieder? Am Sonntagmorgen, DLF, 25.9.11
und das Skript zur Sendung.          

Sonntag, 25. September 2011

UU Theology II - God

Beyond Words: Orthodox Jews do not use the word God. When speaking aloud, they use a description like "the holy one," and when writing, they write G-d. They do that to remind themselves that this word signifies more than a mere word can signify - that we can't ever completely understand the nature of God. For a similar reason, it is often useful to think of "god" - God in quotation marks.
  
Pagan Ideas of Divinity: Generally speaking pagan theologies such as pantheism, panentheism, and Goddess worship and place special emphasis on this earth, this life, and the sacredness of life, our bodies, and the natural world. Pantheists believe that God is the sum total of everything, material and immaterial, in our universe. Panentheism says that God is in everything, but is also present beyond the material universe. Traditional, indigineous faiths the world over speak of a Great Spirit or a Mother Goddess.
  
A Higher Power: The term Higher Power denotes a divine force that can be defined in many ways. Many people use this term to express a kind of power that exists outside of us, but mostly manifest within us, and encourages us to become our own higher selves.
  
Divine Power with Limits: The root cause is the problem of evil. If God is good and all-powerful, why do bad things happen too good people? To resolve this  issue, most religions consider divine power to be limited. Western religions maintain that God's power is limited by human free will. Persons who believe that God's power to control events is limited often take solace in the thought that, while God could not prevent their difficulties, God's comforting spirit is with them in those difficulties. Part of this view is the slogan: "God has only our hands to do good in the world."
  
The God of Liberation: This is a God who sides with the poor and oppressed wherever they are found and nudges all people toward acting for  justice and making peace.
  
The Human as the Highest: Humanists believe that the highest and best we can know in this universe is humanity, with our grand ideals, marvelous minds, and great potential. Most humanists don't like to use the word God, but they still have a theology, which is a theory or a blief about the highest and best.
  
The Unfinised God: In process theology the essence of the divine is creativity. Divinity is that which brings the new into the world, not only through the creation of the universe, but through evolution, new ideas, and greater love of humanity.
  
Atheists and Agnostics: Some people look as deeply and clearly as they know how into life and its meanings and find no hint of a God by any definition, anywhere. The intricacies of the world provide plenty of discovery and meaning for a richly lived human life. If they are quite sure that there is no God, they are atheists. If they feel they don't know for sure but lean against believing, they are agnostics.
  
Living with Many Names: Many images and understandings of divinity can be found in the world^s scriptures, poetry, and theologies. How do we all get along? We do that by being always mindful that our images and understandings are at best approximations of an infinite truth that simply cannot be captured by finite beings. When we remember that fact, our regard for persons with visions and words that differ from ours is not grudging tolerance but an open-hearted curiosity about yet another way of understanding the divine.
  
The name of this infinite and inexhaustible depth and ground of all being is God. That depth is what the word God means. And if that word has not much meaning for you, translate it, and speak of the depths of your life, of the source of your being, of your ultimate concern, of what you take seriously without any reservation. Perhaps, in order to do so, you must forget everyting traditional that you have learned about God, perhaps even the word itself.  Paul Tillich
  
by Christine Robinson & Alicia Hawkins. 2009. Heart to Heart. Skinner House, Boston, pp. 37-45.
  
Thinking of God today as creativity (instead of as The Creator) enables us to bring theological values and meanings into significant connection with modern cosmological and evolutionary thinking. This conception connects our understanding of God with today's ideas of the Big Bang; cosmic and biological evolution; the evolutionary emergence of novel complex realities from simpler realities, and the irreducibility of these complex realities to their simpler origins; and so on. It eliminates anthropomorphism and anthropocentrism from the conception of God (…) This mystery of creativity—God—manifest throughout the universe is quite awe-inspiring, calling forth emotions of gratitude, love, peace, fear, and hope, and a sense of the profound meaningfulness of human existence in the world—issues with which faith in God usually has been associated. It is appropriate, therefore, to think of God today as precisely this magnificent panorama of creativity with which our universe and our lives confront us.  Gordon D. Kaufman

Donnerstag, 22. September 2011

Vedanta

“Es gibt nur eine Wahrheit – die Weisen nennen sie mit verschiedenen Namen .” -Die Rig Veda

“Gott ist gut.” -Aus der Bibel

(Wenn wir Gott depersonalisieren, wird es zum “Guten“ [unpersönliche Wirklichkeit],
wenn wir das Gute personifizieren, wird es zu einem Persönlichen Gott.)

"Denn wie atmet doch der Oupnek'hat (persisch-lateinische Übersetzung der Upanishaden) durchweg den Geist der Veden. Wie wird doch der, dem durch fleißiges Lesen das Persisch-Latein dieses unvergleichlichen Buches geläufig geworden, von jenem Geist im Innersten ergriffen! Wie ist doch jede Zeile so voll fester, bestimmter und durchgängig zusammenstimmender Bedeutung! Und aus jeder Seite treten uns tiefe, ursprüngliche, erhabene Gedanken entgegen, während ein hoher und heiliger Ernst über dem Ganzen schwebt. ... Es ist die belohnendste und erhebendste Lektüre, die (den Urtext ausgenommen) auf der Welt möglich ist: sie ist der Trost meines Lebens und wird der meines Sterbens sein." (Parerga und Paralipomena II § 184) Arthur Schopenhauer
  
Das Wort “Vedanta” setzt sich aus zwei Wörtern zusammen: “Veda”, was “Wissen” bedeutet und “anta”, was “Ende” oder “Ziel von” bedeutet. In diesem Zusammenhang ist das Ziel des Wissens kein intellektuelles, kein begrenztes Wissen, wie wir es durch das Lesen von Büchern erwerben. “Wissen” bedeutet hier die Kenntnis von Gott wie auch die Kenntnis unserer eigenen göttlichen Natur. Vedanta ist also die Suche nach Selbsterkenntnis wie auch die Suche nach Gott.
Was meinen wir, wenn wir “Gott” sagen? Im Vedanta ist Gott grenzenloses Sein, grenzenlose Bewusstheit und grenzenlose Seligkeit. Das Wort für diese unpersönliche, transzendente Realität ist Brahman, der Göttliche Grund des Seins. Vedanta sagt aber auch, dass Gott ebenso persönlich sein kann und in jedem Zeitalter menschliche Form annimmt.
Wesentlich ist: Gott wohnt als das göttliche Selbst oder der Atman in unserem eigenen Herzen. Der Atman wurde weder geboren noch wird er je sterben. Weder befleckt durch unser Fehlverhalten, noch beeinflusst durch die Veränderungen des Körpers oder des Denkens, ist der Atman von unserem Kummer, unserer Verzweiflung, Krankheit oder Unwissenheit nicht betroffen. Der Vedanta erklärt: Rein, vollkommen, frei von Begrenzungen, ist der Atman eins mit Brahman. Der größte Tempel Gottes befindet sich im menschlichen Herzen.
Weiter erklärt Vedanta, dass das Ziel des menschlichen Lebens darin besteht, unsere Göttlichkeit zu verwirklichen und zum Ausdruck zu bringen. Das ist nicht nur möglich, sondern es ist unumgänglich. Göttlichkeit ist unsere Natur. Gottverwirklichung ist unser Geburtsrecht. Früher oder später – in diesem oder in künftigen Leben – werden wir alle unsere Göttlichkeit offenbaren, denn die größte Wahrheit unserer Existenz ist unsere eigene göttliche Natur.
Schließlich betont Vedanta, daß alle Religionen die gleichen Grundwahrheiten über Gott, die Welt und über unsere Beziehung zueinander lehren. Die Weltreligionen bieten unterschiedliche Möglichkeiten an, sich Gott zu nähern. Jede ist wahr und gültig, jede Religion bietet der Welt einen einzigartigen, unersetzbaren Weg zur Gottverwirklichung an. Die sich widersprechenden Botschaften innerhalb der Religionen beruhen mehr auf Lehrmeinungen und Dogmen als auf der Realität spiritueller Erfahrungen. Während in den äußeren Regeln der Weltreligionen Verschiedenartigkeiten bestehen, sind sie sich innerlich bemerkenswert ähnlich.
   
"Er (Gott) ist ein und dasselbe Wesen. Verschiedene Menschen nennen Ihn mit verschiedenen Namen. Es ist so: Es gibt vier Badestellen an einem Teich. Einige Menschen benutzen das Wasser von einer Stelle und nennen es ‘jal’. Jene, die das Wasser einer anderen Stelle benutzen, nennen es ‘paani’. An einer dritten Stelle nennen sie es ‘Wasser’ und an einer vierten ‘aqua’. Doch es ist überall dasselbe Wasser."  Sri Ramakrishna
   
 "Möge Er, der das Brahman für die Hindus,
der Ahura-Mazda für die Zoroaster,
der Buddha für die Buddhisten,
der Jehova/JHWH für die Juden
und der Vater im Himmel für die Christen ist,
dir die Stärke verleihen, deine edlen Ideale zu verwirklichen."
Swami Vivekananda
    

Towards harmony of faiths - 150th birth anniversary of Vivekananda

Times of India
Narenda Dutt, better known as Vivekananda, established the Ramakrishna Order to share and spread the values of Vedanta, and reach quality eduction and healthcare to as many people as possible.
Swami Vivekananda renewed people's interest in religion by bringing religion to center stage after infusing it with a new meaning. He promoted inter-faith harmony. Hence his teachings are of great relevance, particularly in the current context.
For Vivekananda, service to God meant service to the disadvantaged. He coined a new word, Daridra Narayana - seeing God in the less privileged - and it was upheld as a religious axiom. Like Buddha, Vivekananda promoted rationality in human conduct so that religion relates to intellectual conscience and rational thinking. That way, it would appeal to a wider audience.
Any religion that divides people or exalts privileges, encourages exploitation and instigates wars cannot be justified. Hence his was a gender-neutral espousal of lofty religious values that he believed would help expand human consciousness. According to Vivekananda, we need to renounce hatred and cultivate love and compassion for all; only then can we begin to live in peace and harmony.
It is not possible to live an isolated life. As more and more people migrate to urban areas, an increasingly greater number of people of different faiths live side by side. Hence there is the need for greater understanding of each other's aspirations, faiths and beliefs as well as practices.
To Vivekananda, Vedanta was not Brahmanism or Buddhist, Christian or Muslim. Vedanta was the sum total of all of these. In his historic address to the Parliament of Religions in Chicago on September 11, 1893, Swami Vivekananda clarified as follows: "The Christian is not to become a Hindu or Buddhist, or a Hindu or a Buddhist to become Christian; each must assimilate the spirit of the other and yet preserve individuality and grow accordingly." Paramahansa Ramakrishna said: "Jato mat, tato path" - that is, "As many opinions, that many ways". Swamiji greatly valued plurality of approach in human affairs and spoke against uniformity that ends any kind of diversity.
Vivekananda said: "The greatest misfortune would be if all were to recognise and accept but one religion, one universal form of worship, one standard of morality. This would be the death-blow to all religious and spiritual progress." The Ramakrishna Order takes care of each and every member's food, clothing, shelter and healthcare needs. It motivates its personnel through rigorous training and idealism.
We are living in a world which is marked by hatred and violence, terrorism and suicide squads. Terrorists are using religious slogans to justify their gross deeds. But how could a man of religion be a terrorist? How could a religious person join a suicide squad if he believes in service of the disadvantaged? Swamiji's answer was to encourage plurality of faiths and harmony among religions.
Swami Vivekananda declared in the Parliament of Religions that "If anybody dreams of the exclusive survival of his own religion and the destruction of others, I pity him, and point out to him that upon the banner of every religion will soon be written, in spite of resistance: 'Help and not Fight', 'Assimilation and not Destruction', 'Harmony and Peace and not Dissension." As we celebrate the 150th birth anniversary of Swami Vivekananda, let's also celebrate all that the young monk stood for.
    
by

Sonntag, 18. September 2011

UU Theology I

Christ: the life of mutual love.

Theology: understanding of what is holy, most precious, most salutary, most worthy of our devotion and faithfulness.

God is a shorter name for the reality greater than all, yet present in each.

Love is the doctrine of this church,
The quest of truth is its sacrament,
And service is its prayer.
To dwell together in peace,
To seek knowledge in freedom,
To serve human need,
To the end that all souls shall grow into harmony with the Divine -
Thus do we covenant with each other and with God.

The Ruler of the realm of all nature is generous, not greedy. He makes the grass and the fruits of the earth to grow, the rains to fall and the sun to shine for all the creatures of the earth. Thus he shows his love for all the world. How can we not love God in return! Moreover, our Creator causes us human beings to love one another and our land and animals, as he loves us. We do not need these human kings. We can enter into a political and religious covenant with each other and with God the King of the Universe to be ruled by his holy ways of love and generosity.
Who was the genius who invented this covenantal metaphor? Assigned new meaning to the old words, king and covenant? Was it Noah? Or Abraham? Or Moses? It doesn’t matter. What matters is that the idea of a freely entered covenant - with the very nature of loving and lawful reality - became the root idea of the political religion of a people, the ancient Israelites. The Israelites told each other and wrote down stories about their political and religious covenant and their attempts - and their failures - to keep covenant with each other and with God. They created a literature which nourished their memories and their hopes. They fed their dedication, to a loving and freely cooperative way of life, with stories of their great King of the Universe and his care for them, as well as the wrath of his anger when they broke their covenant with him, by doing wrong to one another. Our modern understanding of political democracy evolved from our ancestors’ engagement with and adaptations of Israelite stories.
American democracy was born when members of our own oldest churches in New England focused their attention on the oldest stories in the Bible and said, "We don’t need a human king either. We, too, can be free to live in covenantal fealty, in faithful love, to each other and to God.
And Jesus and his disciples spoke politically; that is, with regard for organization. They said, Lord knows, it is not always easy to figure out what are the ways of love! But even in this empire, we can form covenanted congregations we decide to enter, one by one, and help each other live in a context far larger than the puny Roman Empire which - however strong it looks - will fade sooner or later, as all empires do. Caesar will not like us forming congregations and meeting to worship and to help one another discern what is love requires of us. He will hound us and persecute us for presuming to claim our ultimate loyalty is to something bigger and more important than he is. But, unless we let him intimidate us, he cannot stop anything like all of us from organizing to worship and to learn to live freely in accord with the laws of love.
Find, together what is more meaningful, more loving, more worthy of your attention, and be empowered in devotion to these things. Seek and ye shall find. Knock and it shall be opened to you. The truth will make you free.
It makes sense to me to believe all the great religious traditions of the world began with somebody’s extraordinary insight into what, in all this great buzzing banging, blooming and silent mystery really matters most for human beings, to love, to understand, to trust and be faithful to, because it is life giving and life enhancing. If anybody wants to call such extraordinary insight revelation, it’s all right by me.
A vital religion keeps us tied together, so we can stand up and move and get things done and live, with love and meaning, together, when a healthy cult is the heart of a culture.

One version of our liberal covenant:
Though our knowledge is incomplete,
our truth partial and our love uneven,
From our own experience and from
the witness of our faith tradition
We believe
that new light is ever waiting to break
through individual hearts and minds
to illumine the ways of humankind,
that there is mutual strength
in willing cooperation,
and that the bonds of love keep open
the gates of freedom.
Therefore we pledge
to walk together in the ways
of truth and affection
as best we know them now
or may learn them in days to come
That we and our children may be fulfilled
And that we may speak to the world
with words and actions

by Alice Blair Wesley, The Minns Lectures 2000.

Freitag, 16. September 2011

Einführung in die Theologie

Theologie beschäftigt sich wissenschaftlich mit dem Glauben, insbesondere mit dem christlichen Glauben an Gott. Die Hauptgebiete sind Altes und Neues Testament, Kirchengeschichte, Systematische Theologie, Praktische Theologie und Religions- und Missionswissenschaften. Daraus wird dann ein Wahrheitsanspruch abgeleitet. Sich systematisch mit dem eigenen Glauben auseinanderzusetzen ist eine gute Sache. Und die Theologie hat im Laufe der Jahrhunderte ein beachtliches Wissen angesammelt. Aber beweisen kann sie die Existenz Gottes nicht! Damit unterscheidet sich die Theologie grundlegend von allen anderen Wissenschaften. Alle anderen Wissensgebiete beziehen sich auf einen Gegenstand dieser Welt (z.B. die Natur, die Gesellschaft, die menschliche Psyche, etc.) Nur der Gegenstand der Theologie ist nicht von dieser Welt. Es geht ihr um die Frage nach Gott. Damit stellt sie die grösst mögliche Frage, nämlich was hinter dieser Welt steckt? Was die Ursache dieser Welt ist? Warum gibt es etwas und nicht vielmehr nichts? Die Antwort, die sie dabei findet, bleibt aber höchst spekulativ! So wird unser Dilemma deutlich: auf die Frage "nach allem", kennen wir keine gesicherte Antwort. Über alles andere dieser Welt haben wir inzwischen ein ziemlich umfangreiches Wissen. Nur auf die grösste Frage von allen - dem woher und dem wohin dieser Welt - gibt es kein gesichertes Wissen! Die Religion bemüht sich um eine Antwort auf diese Fragen, kann aber keine Gewissheit schaffen. Die Theologie ist die Wissenschaft des Glaubens, nicht des Wissens. Von ihrem Anspruch her ist die Theologie die erste Disziplin der Wissenschaften, von ihrem Ergebnis her beurteilt, die letzte.
Mit dieser Aussage kommen wir zu einer Typologie des Christlichen Glaubens. Diese Typologie hat zwei Extreme. Das eine Extrem ist das moderne wissenschaftliche Weltbild. Es ist das Ergebnis der modernen Wissenschaften, wie sie sich seit der Aufklärung entwickelt haben. Grundlegend dabei sind die Naturwissenschaften. Naturwissenschaften sind materialistisch und kommen ohne die Annahme eines Gottes aus. Es sind die Naturgesetze, welche den Lauf der Welt erklären, nicht Gott. Entsprechend sind sie atheistisch. Auf der anderen Seite haben wir die "klassische Theologie", das archaische Christentum, das noch aus einer voraufgeklärten Zeit stammt. Hier wird die Bibel als unverrückbares Wort Gottes verstanden. Damit hat man vermeintliche Gewissheit. Man muss nur genau der Bibel folgen. Das Problem dieser Position ist, dass sie manchen Erkenntnissen der modernen Wissenschaften widerspricht! Die Welt und der Mensch sind nicht - wie im Buch Genesis beschrieben - von Gott in 6 Tagen erschaffen worden. Vielmehr ist das Leben langsam, über Jahrmillionen evolutionär entstanden. Aus einer aufgeklärten, naturwissenschaftlich geprägten Weltsicht sind auch die diversen "Wunder", wie sie die Bibel zahlreich beschreibt, unglaubwürdig.
Die moderne, evangelische Theologie nimmt nun eine Mittelposition zwischen diesen beiden Extremen ein. Dies soll am Beispiel zweier ihrer herausragendsten Köpfe verdeutlicht werden.
Da ist einmal Rudolf Bultmann. Einerseits hat er die Entmythologisierung der Bibel vorangetrieben. Er hat klargemacht, dass die Bibel durch das vor-wissenschaftliche Weltbild ihrer Schreiber von vor 2000 Jahren geprägt ist. Der Mythos lebt in ihr. In einem zweiten Schritt gilt es aber die Bibel existenzialistisch zu verstehen. D.h. in ihren Mythen den Kern der christlichen Botschaft zu erkennen. Die Bibel beschreibt auf existenzialistische Art und Weise Angst und Verzweiflung der Menschen. Macht aber auch deutlich - wie wir angesichts Gottes - wieder Glaube, Hoffnung und Liebe finden können. Das ist die "frohe Botschaft" des biblischen Glaubens.
Anderseits hat Paul Tillich versucht einen Dialog zwischen Theologie und der Philosophie, der Kunst, der Psychologie, der Geschichte, und anderen Wissenschaften zu etablieren. Er hat versucht Religion und Kultur miteinander zu korrelieren. Er machte deutliche, wie religiöse Symbole als Antwort auf die fundamentalen Fragen des Menschseins verstanden werden können. Symbole sind die Mittler, welche den kulturellen Austausch ermöglichen. Dabei wird das Symbol weit definiert: nicht nur Bilder, sondern auch Rituale, Geschichten, Heilige, und Ideen. Und es sind diese religiösen Symbole, die uns helfen Sinn zu finden. "Gott als Schöpfer" steht für die schützende und bergende Kraft angesichts der destruktiven und vernichtenden Kräfte. "Jesus der Christus" (der Messias) steht für vorbildlichen Mut und Liebe selbst in der tiefsten Verzweiflung. Das "Reich Gottes" steht für den Sinn der Geschichte, usw. Dies sind nur zwei Wege, die zeigen sollen, wie gute Theologie Sinn, Wahrheit und Schönheit ins Leben bringen will.

Eine gute Einführung ins Thema ist: "Theology - A Very Short Introduction", von David F. Ford, Oxford University Press, 1999.

***
"Was ist so beunruhigend, wenn Menschen lachen?" - "Lachen tötet die Furcht. Und ohne Furcht kann es keinen Glauben geben. Wer keine Furcht vor dem Teufel hat, der braucht keinen Gott mehr."
Ist es erlaubt über alles zu lachen? Können wir auch über Gott lachen?"
aus: 'Der Name der Rose', von Umberto Eco

"Die Rose ist ohne Warum, sie blüht, weil sie blüht,
Sie achtet nicht ihrer selbst, fragt nicht, ob man sie sieht."
Angelus Silesius

Mittwoch, 7. September 2011

Sexueller Missbrauch

"Sexueller Missbrauch": Begrifflichkeit und Defintion

Kindesmissbrauch, sexuelle Gewalt oder Misshandlung – in den Medien kursiert eine Reihe unterschiedlicher Begriffe. Viele dieser Bezeichnungen sind bei näherer Betrachtung problematisch.
Der Begriff „Kindesmissbrauch“ ist umstritten, weil das Wort „Missbrauch“ nahe legt, es gäbe einen legitimen sexuellen Gebrauch von Kindern. Auch alternative Begriffe, wie „sexuelle Gewalt“, „sexualisierte Gewalt“ oder „sexuelle Misshandlung“ sind sprachlich ungenau. Denn die Gewalt an sich ist nicht zwangsläufig sexuell, sondern sie wird benutzt, um sexuelle Ziele zu erreichen. Außerdem kann Missbrauch auch ohne körperliche Gewaltanwendung und ohne körperlichen Kontakt stattfinden – zum Beispiel in Form von Exhibitionismus oder Konsum von Kinderpornographie


Definition der Tat: Befriedigung auf Kosten des Kindes

Unter sexuellem Missbrauch versteht man jede sexuelle Handlung, die durch Erwachsene oder Jugendliche an, mit, oder/und vor einem Kind vorgenommen wird. Die Täterin oder der Täter nutzt die körperliche, psychische, kognitive und sprachliche Unterlegenheit des Kindes aus, um ihre oder seine Bedürfnisse auf Kosten des Kindes zu befriedigen.
Enge Definitionen beziehen ausschließlich Handlungen mit direktem und eindeutig als sexuell identifizierbarem Körperkontakt zwischen Opfer und Täterin bzw. Täter ein. Das heißt: ein Berühren, das unmittelbar der sexuellen Bedürfnisbefriedigung der Täterin oder des Täters dient. Dies reicht vom Anfassen der Brust oder den Genitalien des Kindes bis hin zur vaginalen, analen oder oralen Vergewaltigung.


Exhibitionismus und Pornographie: Auch das ist Missbrauch

Weite Definitionen von sexuellem Missbrauch umfassen zudem sexuelle Handlungen mit indirektem oder ohne Körperkontakt. Dazu gehören beispielsweise Exhibitionismus und die Nötigung des Kindes,
sexuelle Handlungen an sich selbst vorzunehmen oder pornografische Filme anzuschauen.


Mögliche Symptome: Ängstlichkeit, Rückzugstendenzen, Leistungsabfall

Eindeutige körperliche oder psychische Symptome, die auf sexuellen Missbrauch hindeuten, gibt es nicht. Es können aber Veränderungen bei den Betroffenen wahrgenommen werden – denn häufig senden Kinder mit ihrem Verhalten Signale aus. Ängstlichkeit, Leistungsabfall, Rückzugstendenzen, Konzentrationsschwäche, Stimmungsschwankungen und emotionale Durchbrüche, Ruhelosigkeit und Nervosität, Vermeidungsverhalten, sexualisiertes Verhalten oder eigene Gewalttätigkeit können solche möglichen Signale sein.


Folgen des Missbrauchs: Symptome manchmal erst im Erwachsenenalter

Wenn Kinder missbraucht werden, kann dies sehr unterschiedliche Folgen haben. Intensität und Dauer des Missbrauchs, der Grad der Abhängigkeit zum Missbrauchenden, persönliche Merkmale und die sozialen Beziehungen des Kindes spielen hierbei eine Rolle. Auch müssen die Symptome nicht unmittelbar nach dem Übergriff auftreten, sondern können sich zum Teil erst viel später bemerkbar machen. Manchmal treten die Folgen der Traumatisierung erst im späten Erwachsenenalter auf.
Kinder fühlen sich bei Missbrauch fast immer schuldig für das Geschehene, sie schämen sich und bleiben zugleich in der emotionalen Abhängigkeit vom Missbrauchenden. Zudem ist der Geheimhaltungsdruck eine ständige Belastung. Die von Missbrauch in der Familie betroffenen Kinder wollen in der Regel die familiären Beziehungen aufrechterhalten. Aufgrund dieser Gefühle und Einschätzungen trauen sie sich oft nicht, jemandem von den Missbrauchserlebnissen zu erzählen und Hilfe zu suchen. Häufig kommt zudem die Angst hinzu, dass ihnen möglicherweise nicht geglaubt wird.
Äußerungen und Verhaltensweisen von Kindern, die den Verdacht von sexuellem Missbrauch aufkommen lassen, sollten immer ernst genommen werden.

Bei Verdacht: Beratungsstelle kontaktieren!



Therapie

Die Auswirkungen von sexuellem Missbrauch sind vielfältig. Tief greifende Auswirkungen auf die eigene Person und ihre soziale Beziehungen, Schuldgefühle, Scham, Ekel, Angst vor Nähe, Misstrauen und Selbstabwertung können die Folge sein. Neben einer Postraumatischen Belastungsstörung (PTBS), (die nicht immer auftreten muss), kann es beispielsweise zu Teilamnesien, Depressionen, dissoziativen Störungen (DIS), Persönlichkeitsstörungen (Borderline), Bindungsstörungen, sexuellen Störungen, Suchtverhalten, Angststörungen, aggressiven Verhaltensmustern, selbstverletzendem Verhalten und Suizidversuchen kommen.
Sexuell missbrauchte Menschen befinden sich je nach Schwere des Missbrauchs und Ausprägung der Symptomatik in einer Art ständiger Alarmstimmung. Kleinigkeiten, die an das Trauma erinnern, sogenannte Trigger, wie zum Beispiel sexuelle Schlüsselreize, aber auch ganz individuelle, mit dem Missbrauchserlebnis in Zusammenhang stehende Auslöser, können körperliche Symptome wie Herz-Rasen, Zittern, Angstschweiss, Atemnot, Übelkeit und weiteren Symptome hervorrufen. Von Missbrauch Betroffene berichten immer wieder von Sprachlosigkeit, die sie in ihrem Alltag und auch in ihren Therapiestunden überkommt, wenn sie sich in Krisen befinden oder an das Trauma  zurückerinnern. Sie sind unfähig auszudrücken, was sie fühlen oder denken, und unfähig, das Trauma mit Worten zu beschreiben. Helfen können Kreativtherapien, körperorinetierte Therapien und traumatherapeutische Verfahren.


Anklage: Missbrauch, 3sat Themenwoche

Unabhängige Beauftragte zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs

The Forgiveness Project


Traumatisierte Menschen leiden oft noch viele Jahre später unter dem Erlebnis.


"Our Universalist message of hope says that Love has the final word and Love's work is to heal and forgive. It says that vaster than our wrongs is the vastness of the mystery; vaster than our missdeeds and hurts is the vastness of our kinship. It says the last vast thing is Love!"