Samstag, 22. Mai 2010

Die "conditio humana": Trauma oder göttliche Einheit?

  • Trauma
Trauma, existenzielle Verzweiflung und ein tiefes Gefühl der Entfremdung. Diese "zerbrochenen Verbindungen" stehen für die Fragmentierung der Beziehung zu sich selbst, zu anderen und zur Welt als Ganzes. In der Ordnung des Seins ist eine Wunde (Martin Buber).
Arizona Center for Social Trauma


  • Gott - das Eine: erfahrbare Wirklichkeit? 

Wo immer ich bin,
stets getragen, gehalten
von der grossen unendlichen Wirklichkeit,
welche die Religionen "Gott" nennen
und Philosophen "das Eine" -
Was ich auch tue -
es geschieht und vollzieht sich
in ihr.

Das "Eine" - ein anderes Wort nur,
Begriff der Philosophen,
für die Wirklichkeit,
die Christen Gott nennen.

Erfahren von Menschen
in vielerlei Wirkweisen, in vielen "Gesichtern" -
je nach religiöser Prägung:
als der eine Gott,
als Vielzahl von Göttern und Gottheiten,
als Nirwana -
als Feuer im Dornbusch oder Wort eines Engels.
Erlebt stets nach menschlich-begrenztem
Vermögen,
erfasst, aufgefangen in irdenen, irdischen
Gefässen.
Jürgen Linnewedel 
(Freies Christentum, Nr. 3/2010)

Sonntag, 9. Mai 2010

Humanismus leben

Der Humanismus ist überzeugt, dass unsere Sinne, unsere Vernunft und unser akkumuliertes menschliches Wissen, fehlbar wie sie auch sind, trotzdem reichen, um alle wichtigen Lebensfragen beantworten zu können. Skeptizismus und Offenheit für Neues sind zentral, zusammen mit einer Vision für unser Leben. Wir sollten wissen, was wir mit unserem Leben erreichen wollen, für welche Idee von Welt wir uns engagieren wollen? Was das Grundsätzliche anbelangt, wollen wohl alle das Gleiche: wir wollen gute Menschen sein, ein erfüllendes Leben leben und Leiden, so gut wie möglich, ausweichen und den Tod, so lange wie möglich, hinausziehen. Aber was wir nicht haben, ist ein Konsensus, wie wir dies erreichen wollen?
Woher wissen wir, dass Mitgefühl und Ehrlichkeit der Weg zu einem guten Menschen sind?
Woher wissen wir, dass Vernunft, Kreativität, Anstrengung und Grosszügigkeit erlauben ein befriedigendes Leben führen zu können?
Woher wissen wir, dass eine Kombination von Wissenschaft, Erfurcht, und schliesslich Akzeptanz der beste Weg ist, um mit Leiden und Tod umzugehen?
Unsere Antworten können immer auch falsch sein. Doch die meisten Menschen gehen davon aus, dass wir herausfinden können, wer für "die Show" (unser Leben auf dieser Welt) verantwortlich ist (Gott, Jesus, Dharma, etc.) und dass dieser Gott, etc. uns sagt, was wir tun sollen. Jede Weltreligion hat entsprechende Antworten auf Lager. Die Gläubigen sind dann meist kritiklos bereit, den entsprechenden Vorgaben zu folgen. Ist es doch Gottes Wille, etc. Der Humanismus wählt jedoch einen anderen Weg. Er hält sich nicht an traditionelle religiöse Überlieferungen. Für den Humanismus werden die Fragen des Lebens durch menschliches Wissen, menschliche Vernunft und menschliche Erfahrungen beantwortet. Dabei können wir auch von den Abenteuern lernen, welche andere erleben und von den Erzählungen der Menschen aus vergangenen Zeiten. Diese Überzeugungen, welche aus unseren Erfahrungen heraus wachsen, können nie dogmatisch sein. Aber warum sollten wir uns um andere Menschen kümmern? - Weil das der Welt entspricht, in der ich leben möchte und der Person, die ich sein möchte. Visionen und Ziele sind Teil dessen, worauf wir unsere Überzeugungen aufbauen. Und schliesslich sind wir immer selber dafür verantwortlich Antworten zu finden, die Sinn für uns machen.

Dies ist eine kurze Zusammenfassung eines interessanten Artikels, wie ich finde, der unter dem Titel "Practicing Humanism", von Kendyl Gibbons in der März-Ausgabe von Quest erschienen ist. (Quest ist die Monatszeitschrift meiner UU Gemeinde: CLF).

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Jeder Mensch ist sich selber ein Geheimniss.

Freitag, 7. Mai 2010

Sein und Werden II

Evolutionäre Spiritualität versucht eine evolutionäre Perspektive mit spiritueller Tiefe zu gewinnen. Es geht um das Potenzial einer evolutionären Weltsicht und Spiritualität. Evolutionäre Spiritualität ist eine Spiritualität von Sein und Werden.
In der Spiritualität des Werdens geht es darum, dass etwas Neues werden möchte. Ein Impuls, welcher drängt, verwirklicht zu werden. Es geht also um das Ganze, um den Kosmos an sich, welcher sich in einem Prozess befindet und nach Höherem strebt, nach mehr Perfektion. Es geht um den evolutionären Impuls oder den kosmischen Eros, der uns drängt weiter zu gehen. Es ist das Werden, die Entwicklung, die ständige Veränderung, Form oder Samsara (relative Ebene, da ständiger Wandel). Schlussendlich geht es darum, zu verstehen, was den ganzen Kosmos antreibt? - Ist es etwa, dass sich der Kosmos durch uns seiner selbst bewusst wird?
Dem steht auf der anderen Seite das Sein, die unendliche Gegenwart, die unendliche Weite, das Eine, das reine Bewusstsein, das Absolute, Gott gegenüber (absolute Ebene).
Hinweise: Im "Integralen Forum" wurde kürzlich die Frage: "Was ist Evolutionäre Spiritualität?" diskutiert.

Die diametral entgegengesetzte Sichtweise ist diejenige von der biologischen Evolution der Religion. Religion wird v.a. als Nebenprodukt von anderen evolutionär fitten Prozessen gesehen, wie z.B. dem Sicherheitsstreben. Aber auch als Anhänger einer Evolutionären Spiritualität nehmen wir an, dass sich die Religion evolutionär entwickelt haben muss. Woher sollte sie denn sonst kommen? Etwa durch ein göttliches Eingreiffen zu Beginn der Menschwerdung? Es sind also die evolutionären Überlebensvorteile, welche den Glauben in unser Hirn gebracht haben. Zu denken ist hier z.B. an die identitätsstiftende und kooperationsfördernde Wirkung der Religion. So wird durch Religion auch das Vertrauen in die eigene Gruppe gestärkt. Und schliesslich hilft Religion uns mit Schicksalsschlägen, wie Tod, Angst und Verlust, fertig zu werden. Aber die Tatsache, dass sich die Religion durch evolutionär fitte Prozesse entwickelt hat, muss noch lange nicht bedeuten, dass sie für uns heute nicht mehr von Bedeutung sein sollte. Denn es ist das Eine, wie der Glaube sich in unserem Gehirn ausbilden konnte (Überlebensvorteile im Entstehungsprozess). Das Andere ist aber, dass er trotzdem nichts von seiner Gültigkeit verliert. Genese und Geltung sind zwei verschiedene Sichtweisen für das Verständnis von Religion. Die Art und Weise des Entstehungsprozesses der Religion (durch Evolution) sagt noch nichts über ihre Gültigkeit aus. Das Göttliche spricht durch den Evolutionsprozess hindurch zu uns. Während die (Religions-)Biologie naturwissenschaftlich erklärt, durch welche evolutionäre Prozesse die Religion entstanden ist, versucht der geisteswissenschaftliche Zugang zu verstehen, warum und wie Religion auch heute noch für uns von Bedeutung sein kann?
Zum Thema "Evolution der Religion" ist diesen Februar auf DRS 2 ein Feature gesendet worden. Es beginnt, nach einem Beitrag zum Thema "Missbrauch", um 8:12 Minuten.

Religiöser Pluralismus

  • Eine Quelle, viele verschiedene Bäche und Flüsse/Religionen, die daraus hervorgehen. Sufi-Mystik
  • Verschiedene Religionen sind wie verschiedene Wege, welche alle auf den selben Berggipfel führen. Ulrich Schnabel, Die Zeit.
  • Verschiedene Blumen/Religionen, die alle zur Schönheit des Gartens beitragen. Sri Chinmoy
  • Ein göttliches Licht, viele verschiedene Fenster/Religionen, durch die das Licht in die "Kathedrale der Welt" leuchten kann. Forrest Church, UU
  • Viele Religionen, viele verschiedene kostbare Schätze. Wolfgang Huber, EKD
  • Selbst in den anderen Religionen ist noch ein "Strahl" der katholischen, allumfassenden Wahrheit zu erkennen. 2. Vatikanisches Konzil.
Ein Element post-moderner Spiel-Freudigkeit des Göttlichen sollte hier erkannt werden können und nicht die Gefahr eines beliebigen Relativismuses (Benedikt XVI), eines "anythings goes"! Mein liberal-religiöses Motto lautet: Je bunter, um so besser!

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Werden oder Sterben?
Stirb und Werde!