Sonntag, 29. August 2010

Das Geheimnis des Selbst - Wahrheit oder Psychose?

Durch die Wahrheit weht der Wind; durch die Wahrheit leuchtet die Sonne am Himmel; die Wahrheit ist die Grundlage der Sprache; auf der Wahrheit ist das All gegründet.
Dazu sagt man nun: "Wenn die Menschen meinen, dass sie durch das Wissen vom brahman zu allem (oder: zum All) werden können - wovon wusste dann erst das brahman, dass aus ihm das All wurde?
Die Antwort: Wahrlich, dieses Universum war im Anfang das brahman. Da erkannte dieses brahman sein Selbst (sich selbst): "Ich bin das brahman (die Weltseele)." Dadurch entstand aus ihm das All.
Daher, wer immer von den Himmlischen - ebenso: wer immer von den heiligen Dichtern der Vorzeit, ebenso, wer immer von den gewöhnlichen Menschen - zur Erleuchtung gelangt, der wurde zu diesem Universum.
Daher ist es auch heute noch so: wer weiss: "Ich bin das brahman", der wird zu diesem All. Auch die Himmlischen sind nicht imstande, ihm Schaden zu bringen. Denn er wird ja zu ihrem Selbst.
Wer nun ein makrokosmisches Element (z.B. Sonne, Himmel, Erde, Feuer) als etwas anderes verehrt, indem er meint: "Jenes ist ein anderes als ich", und "Ich bin ein anderer als es", der ist unwissend.
aus den Upanischaden

Der spirituelle Impuls - Ein evolutionäres Abenteuer

Warum suchen manche von uns nach höheren Wahrheiten? Warum werden bestimmte Menschen blind, zwanghaft und leidenschaftlich dazu getrieben, ihre eigenen Grenzen zu überwinden? Warum fühlen wir uns manchmal dazu aufgerufen, uns selbst zu vervollkommnen, nicht nur für uns selbst, sondern für ein höheres Ziel? Warum scheinen wir in jenen kostbaren Augenblicken, wenn wir zutiefst bewusst und gegenwärtig sind, intuitiv ein tieferes Gespür für den Sinn unseres Lebens zu erkennen, der unendlich größer ist, als es unsere persönliche Welt beinhalten könnte? Was ist diese sanfte Schwingung, die unsere Herzen bewegt und uns dazu aufruft, mutig über die engen Grenzen unseres getrennten Selbst hinauszugehen, sodass wir in einer wesentlich tieferen und authentischeren Art und Weise am Lebensprozess teilhaben? Diese Schwingung ist nichts anderes als der spirituelle Impuls, also der Impuls, uns auf der Ebene des Bewusstseins zu entwickeln. Und ich glaube, es ist genau der gleiche Impuls, der dazu führte, dass vor vierzehn Milliarden Jahren etwas aus dem Nichts auftauchte und in geheimnisvoller Weise ein ganzes materielles Universum aus der vollkommenen Leere erschuf. Für mich zumindest gibt es keinen Zweifel daran, dass eine große und geheimnisvolle Energie und Intelligenz mit enormer Kraft diesen gesamten evolutionären Prozess in jedem Augenblick vorwärts bewegt. Und unsere eigene unmittelbare persönliche Erfahrung von spiritueller Inspiration ist die spürbare Erfahrung genau dieses Dranges. In der evolutionären Erleuchtung ist man frei, weil man im wahrsten Sinne des Wortes am evolutionären Prozess beteiligt ist. Man findet seine Freiheit, indem man sich ständig weiterentwickelt. Es gibt einen Drang, die Zukunft zu gestalten, die aus dem tiefsten Teil des Selbst kommt. Der nächste evolutionäre Sprung wird der Sprung vom individuellen zu einer höheren Gemeinsamkeit, dem "höheren Wir" sein. Gleichzeitig aber wird unser Gefühl von Individualität und Autonomie nicht verloren gehen. Vielmehr wird es in Wirklichkeit sogar erweitert. Das bedeutet Evolution des Bewusstseins. Das ist die nächste evolutionäre Stufe der Menschheit.
 Andrew Cohen

Montag, 23. August 2010

Belief-O-Matic

Beliefnet ist eine amerikanische Website, die sehr ausführlich über die verschiedenen Religionen der Menschheit informiert. Sie bietet auch ein sehr interessantes Quiz an: Belief-O-Matic. Es werden einem 20 Fragen gestellt. Wenn man sie beantwortet hat, bekommt man eine Auswertung, die einem sagt, mit welchen Religionen man wie starke Gemeinsamkeiten hat.
Meine Auswertung hat ergeben, dass...
1. Unitarian Universalism, mit 100%, wohl meine Religion ist!
2. Dass ich aber auch mit 93 % viel mit Neo-Pagans (dt. Neu-Heiden) und erdbasierter Religion gemeinsam habe, hat mich ein bisschen überrascht, aber auch gefreut. Ich bin ja auch Mitglied bei der Universal Pantheist Society. Das muss Spuren hinterlassen haben. Am Schluss dieses Posts beschreibe ich aus diesem Anlass kurz ein paar der wichtigsten pantheistischen Überzeugungen.
3. Liberale Quäcker (90%). Hier musste ich schon den Link anklicken, um mehr zu erfahren, wer die sind und was sie glauben? Aber das ist auch das Gute an diesem Quiz. Am Schluss, bei der Auswertung, kann man die jeweilige Religion anklicken und man bekommt eine Auskunft, woran diese Leute glauben und wovon sie überzeugt sind. Dabei wird auf die Fragen des Quizes Bezug genommen. Unter 8 Stichworten wird die jeweilige Theologie kurz beschrieben. Diese sind: Glaube an Gott, Inkarnation(en), Ursprung des Universums und des Lebens, Leben nach dem Tode, Wieso gibt es Böses?, Erlösung, unverdientes Leiden und aktuelle Themen (wie z.B. Abtreibung und Homosexualität).
4. Mahayana Buddhismus (82%). Buddhismus ist ein weites Feld. Hier muss ich noch viel dazulernen.
5. Theravada Buddhismus (80%)
6. sekularer Humanismus (78%)
8. New Thought (dt. Neugeistbewegung) (75%). Damit wurde wohl mein Anteil anthroposphischer und integraler Gedanken gemessen. Anthroposophie ist zwar bei dieser amerikanischen Website nicht vertreten, gehört aber zusammen mit dem Integralen Denken ebenfalls in diese Kategorie. Etwas mehr Geist und Spirit ist wohl nötig, um die doch sehr dieseitige naturalistische, pantheistische Sichtweise auszubalancieren. Ist aber bei New Thought, Evolutionary Enlightenment (Andrew Cohen) und Integraler Spiritualität (Ken Wilber) etwas "zu hoch dosiert", d.h. Glaube an unglaubwüridge "übersinnliche" Erleuchtungsphänomene!
9. Evangelische Kirche mit moderater bis liberaler Theologie (73%). Das es hier nur eine 73% Übereinstimmung mit meinen religiösen Überzeugungen geben soll, ist wohl Ausdruck meiner Vorbehalte gegenüber jeder Form von klassischem, dogmatischem und überholtem (!) Christentum.
10. Taoismus (72%)

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Hier noch ein paar Auszüge aus der Beschreibung der Universal Pantheist Society was Pantheismus ist:
"Pantheists are persons who derive their fundamental religious experience through their personal relationship with the Universe. They feel that Nature is the ultimate context for human existence, and seek to improve their relationship with the natural world as their fundamental religious responsibility. Religion for Pantheists is a system of reverent behaviour torward the Earth rather than subscription to a particular creed. Because Pantheists indentify God with Nature rather than an anthropomorphic being, Pantheists oppose the arrogant world-view of anthropocentrism."
Kurz und bündig: Die Natur - mit all ihrer Schönheit - ist die pantheistische Kirche und der pantheistische Gott. Anstelle einer Beziehung zu einem mythischen, biblischen Gott, wird die Beziehung zur Natur als letzte Wirklichkeit gesehen. Meine persönliche Sicht ist aber besser beschrieben als eine panentheistische Weltsicht. Gott ist in dieser Welt präsent, reicht aber auch über diese Welt hinaus, hat also auch eine transzendente, übernatürliche Dimension!

Mittwoch, 18. August 2010

Erfahrung von transzendentem Mysterium und Wunder

Die Erfahrung des Mysteriösen und Wunderbaren sind eine zentrale Quelle der Religion. Das Leben und das Universum sind voll von Mysterien jenseits von Vorstelllungskraft und Erwartung. Wenn wir ihnen begegnen, dann begegnen wir dem Heiligen und Göttlichen, aber auch dem dunklen Schatten des Unheimlichen. Wir werden zur Offenheit für den Geist und die Kräfte, welche das Leben geschaffen haben und erhalten, berufen.
Und es ist die Kraft der Liebe, welche die Welt zusammenhält. Liebe, nicht Furcht oder Hass. Es ist das Gute, was wir miteinander teilen. Es ist ein grosses Ja zum Leben! Und unser Glaube versichert uns, dass es schon richtig ist, dass wir auf dieser Welt sind. Unsere Theologie sollte uns helfen Gebrochenes, Zerbrochenes wieder zu heilen. Glaube ist ein Ruf von der Stärke der Gravition. Dazu ist aber kein Befolgen von einem bestimmten Dogma notwendig. Vielmehr ist die UU Tradition undogmatisch. Aber im Kraftfeld der Mysterien setzt sich wie von selbst ein religiöses Puzzle zusammen. Und ein sinnvolles Leben entwickelt sich unabhängig davon, ob wir an einen Gott glauben oder nicht. Dafür müssen wir aber die einzelnen Elemente miteinander verbinden. Das Universum hat sich von selbst entwickelt. Aber es ist an uns, dafür zu sorgen, dass wir einen positiven Einfluss hinterlassen. Wir wollen auf der Seite der Liebe stehen und Schönheit und Gerechtigkeit miteinander verbinden. Umgekehrt ist eine schlechte Theologie die Ursache von Sünde. Das grosse Zusammenkommen ist eine Folge des Eros und nicht der Angst. Unser Wünschen führt uns zum Heiligen. Und die synchronisierte, harmonisierte Komplexität führt uns zur Schönheit.
Unser theologisches Haus sollte auf Hoffnung aufbauen, die sich an positiver Evidenz nährt. Es sollte eine Behausung für unseren Geist sein. Das Reich Gottes auf Erden. Hoffnung hat sowohl eine soziale, wie auch transzendente Dimension. Es war Angst vor dem Unbekannten, die uns am Leben erhalten hat. Aber eine liberale Religion will weiter gehen, über die Konservierung alter Ängste hinaus. Die letzte, alles umfassende Realitität zeichnet sich durch Vielfalt aus. Deswegen ist eine Religion, die sich aus verschiedenen Quellen speist, wichtig. Gott hat das Leben mit Diversität gesegnet. Entsprechend ist eine multikulturelle, multireligiöse Welt so wichtig. Dabei entstehen aber auch bei wechselnden Sichtweisen überlappende Glaubensvorstellungen. Der religiöse Impuls antwortet auf die menschlichen, existenziellen Bedürfnisse und versucht diese Energie in eine positive Richtung zu lenken. "Ich bin ein Stück von diesem Universum, das "aufgewacht ist". Und irgendwann muss ich mich wieder schlafen legen." Die religiöse Identität ist dabei ständig sich verändernd, vor der Herausforderung stehend, entsprechende "Exit-Strategien" zu finden. Eine schlechte Theologie muss durch eine bessere besiegt werden. Eine Theologie, die darauf aufbaut, was wir im Überfluss haben: - Liebe! Von der Macht über andere zur Macht mit anderen. Versuchen wir mit unserem Leben einen Unterschied zu schaffen, in einer Welt der Differenzen. Ist dies nicht unsere Berufung? - Glaubensreisen dauern ein Leben lang und erlauben es allen Menschen, egal welchen Alters oder in welchem Lebensstadium sie sind, an spiritueller Tiefe zu gewinnen.

P.S. Unitarian Universalism scheint nun, nach Deutschland, auch in der Schweiz und in Österreich angekommen zu sein:
Unitarian Universalists of Basel, Schweiz
- Unitarisch universalistisches Forum, Österreich
- und für Deutschland: Unitarische Kirche in Berlin (mit Linksammlung)

Sonntag, 8. August 2010

Endzeit!

Im Zoroastrismus gibt es einen Dualismus von Gut und Böse. Ahura Mazda ist der gute Gott. Aber es gibt auch die Gegenkraft - das Böse - inkarniert in Ahriman. Einem eigentlichen Gegengott, vergleichbar mit dem christlichen Satan. Nur, dass der christliche Teufel auch ein Geschöpf Gottes ist, ein gefallener Erzengel. Ahriman hingegen ist ein Gott für sich. Die gute göttliche Kraft von Ahura Mazda wird aber bis zum Ende aller Tage, in der Endzeit, trotzdem gewinnen, auch wenn Ahura Mazda nicht allmächtig ist. Aber Weisheit und Tugend sind seine Stärke! Dafür müssen sich aber die Menschen, ausgestattet mit einem freien Willen, für das Gute entscheiden. Der Kampf gegen das Böse ist entsprechend die wesentliche Pflicht jedes Verehrers von Ahura Mazda.

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Wenn wir nun solche eschatologische Spekulationen betreiben (Eschatologie = die letzten Dinge betreffend), sollten wir uns ein paar weitere Dinge vergegenwärtigen:
Einerseits, dass die Apokalyptik die Kehrseite der Utopie ist. Der Fortschrittsoptimismus der Moderne war immer schon von einer apokalyptischen Unterströmung begleitet.
An die Stelle religiöser Hoffnung auf Gott und seine Vorsehung tritt in der Moderne die Hoffnung auf den Menschen mit seiner Rationalität (-> Quelle einer "vernünftigen" Moral) und seiner Fähigkeit zur Naturbeherrschung (-> Der Mensch kann die Naturkräfte beherrschen und ist ihnen nicht mehr einfach schutzlos ausgeliefert).
Anderseits kann die Katastrophe auch als Durchgangsweg zum Heil gesehen werden, wie z.B. die Offenbarung des Johannes in der Bibel berichtet. In der Gegenutopie der Apokalyptik werden Hoffnung und Angst zugleich thematisiert. Die Untergangsvisionen bilden nur den dunklen Hintergrund für die apokalyptischen Hoffnungsbilder einer neuen, besseren Welt. Der Weg zum Heil führt durch die Katastrophe. Neue Lebensmöglichkeiten liegen nicht mehr innerhalb des jetzigen Geschichtskontinuums, vielmehr liegen sie jenseits dieses Endes. Apokalyptik macht klar, dass alles Leben, sowohl individuell, wie kollektiv, endlich, zeitlich befristet ist. Apokalyptik ist der Versuch auf die Erfahrung menschlicher Ohnmacht und fremder Übermacht zu antworten. Apokalyptik ist der letzte, grösste Versuch von Krisenbewältigung. Das Ende ist Voraussetzung dafür, dass Neues entstehen kann. Der drohende Untergang wird so zu einem Übergang oder Durchgang zu etwas Neuem, das aus der Krise wieder herausführt.
Ob man die Apokalyptik auch als eine Form der philosophischen Aufklärung bezeichnen kann, bleibt eine offene Frage? In der Apokalyptik werden die Strukturen des Bösen sehr stark gezeichnet. Die Gefahr besteht nun darin, dass in ein zu einfaches Schwarz-Weiss-Denken von Gut und Böse, von Licht und Finsternis verfallen wird. Weiter kann Apokalyptik zu einer Form des Eskapismus werden, wobei die negativen Tendenzen überbetont werden, und reale Handlungs- und Veränderungsmöglichkeiten übersehen werden.
Glaube ist schliesslich eine Form des Mutes. Es heisst die Welt gegen alle Widerfahrnis als von Gott gewollt und bejaht anzunehmen. Diese Bejahung des Seins, auch in Situationen der äussersten Bedrohung, zeichnet waren Glauben aus. Gott ist dabei der letzte Garant von Sinn. Und für das Christentum zentral sind die beiden Dimensionen von Gnade und Versöhnung. Ohne Vergebung kann unser Handeln wie erstarren. Und in der menschlichen Fähigkeit zu verzeihen, besteht nach Hanna Arendt das "Heilmittel gegen Unwiderruflichkeit".
(Der zweite Teil dieses Post fasst einige Argumente von Ulrich Körtner aus seinem Artikel "Weltangst und Weltende - Endzeit und Gericht aus christlicher Perspektive", erschienen im EZW Materialdienst - Zeitschrift für Religions- und Weltanschuungsfragen, Nr. 7/10, zusammen.)

Sonntag, 1. August 2010

Gibt es so etwas wie eine "progressive Offenbarung"?

Die Baha'i sind eine der jüngsten Weltreligionen. Und wie die Abrahamitischen Religionen sind auch sie monotheistisch. Sie glauben an den einen Gott und die Einheit der Religionen. Aber die Bibel ist nicht die alleinige Quelle göttlicher Offenbarung. Und Jesus ist nicht alleine massgebend. Zentral für ihr Religionsverständnis ist vielmehr das Konzept der "progressiven Offenbarung". Gott hat durch verschiedene Propheten zu den Menschen gesprochen. Neben Abraham und Moses, auch durch Mohammed, Krishna, Buddha und Zarathustra. Entsprechend rezitieren die Baha'i aus allen grossen Offenbarungsbüchern der grossen Weltreligionen. Die zur Zeit letzte göttliche Offenbarung fand im 19. Jahrhundert statt, als sich Gott dem Gründer der Baha'i - dem Baha'u'llah - offenbarte. Und auch für die Zukunft erwarten die Baha'i weitere Offenbarungen Gottes.
Worin wir mit den Baha'i übereinstimmen, ist die besondere Rolle, die Zarathustra in der Religionsgeschichte spielt. Wir glauben zwar nicht an direkte göttliche Offenbarungen Gottes an einen Propheten. So etwas ist zu sehr im Widerspruch mit dem wissenschaftlichen Weltbild. Aber die Religion, die Zarathustra um ca. 1700 bis 1000 v.u.Z. in Persien gestiftet hat, ist trotzdem von grosser Bedeutung. Im Zoroastrismus kommen zum ersten Mal alle wichtigen Elemente einer entwickelten monotheistischen Religion zusammen: Gott vs. Teufel, Paradies und Hölle und Auferstehung von den Toten und jüngstes Gericht. So hat der alt-persische Zoroastrismus als Ur-Monotheismus das spätere Judentum, Christentum und den Islam geprägt. Nietzsche muss dies wohl bewusst gewesen sein, als er sein Buch "Also sprach Zarathustra" geschrieben hat. Aber indem er seinen Zarathustra den Tod Gottes, den Willen zur Macht und den Übermenschen predigen lässt, verkehrt er grundsätzlich die göttliche Botschaft. Der Zoroastrismus ist vielmehr eine ausgesprochen ethische Religion. Wichtig sind richtiges und gutes Denken, richtiges Reden und gutes Handeln. Dabei wird mehr Gottes Güte betont, als seine Allmacht. Eine ähnliche Akzentverschiebung hat auch im Christentum stattgefunden. Während z.B. Gott im Alten Testament noch die Menschheit in der Sintflut ertränkt hat, opfert er sich/seinen Sohn im Neuen Testament am Kreuz für die Menschheit. Es wird hier deutlich, wie es zu einer Charakterentwicklung im Gottesbild kommt. Protestanten habe in diesem Zusammenhang von "progressiver Offenbarung" gesprochen.
Wir sind in diesem Zusammenhang mit "progressiv" einverstanden. Aber das theologische Konzept der "progressiven Offenbarung" muss mehr von einem philosophischen Standpunkt her gesehen werden. Mit Hegel meinen wir einen göttlichen Prozess zu erkennen, in dem "der Weltgeist sich seiner selbst bewusst wird". Heutzutage ist dies die Position einer Evolutionären Spiritualität. Es geht um ein göttliches Potential, das sich in dieser Welt realisiert. Es ist der Fortschritt und die Entwicklung der Zivilisationen, welche als göttliche Spur interpretiert werden.
Aber wir habe keine Gewissheit, dass es sich bei der Evolution um eine göttlich inspirierte Entwicklung handelt. Vielmehr könnte der Evolutionsprozess auch nur das Ergebnis zufälliger Faktoren sein. Vielleicht haben die pessimistischen Existenzialisten ja recht und wir sind allein auf dieser Welt. Und es gibt keinen Gott und keinen Sinn, ausser dem, den wir selbst individuell und kollektiv stiften.

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Auch wenn wir mit Nietzsches Zarathustra Interpretation ganz und gar nicht einverstanden sind, so wollen wir doch die von ihm inspirierte Musik erwähnen. Die Eröffnung von Richard Strauss "Also sprach Zarathustra" ist einfach eine musikalische Meisterleistung.