Donnerstag, 30. Juni 2011

In Search of a Golden Age



In the last posting we wrote about the subtle dangers of messianic thinking and how such thinking has currency even in nonreligious progressive circles. Now, we will explore the sister tendency to messianic thinking—the Golden Age fallacy. The Golden Age fallacy is the belief that somewhere in the hidden folds of history lives a Golden Age, an age of glory and beauty, peace and freedom, cultural refinement and genius, an age far superior to anything in our current time period. Why is it, that we so often romanticize the past, believing that there was a time when human life was so much better than now? Why do we create these ideas of a Golden Age where everything was more and better than the present?
The idea that the past is better than the present is a notion that harkens back to the Greeks. They imagined a Golden Age followed by periods of increasing decline—from Silver to Bronze, Iron, and the unnamed but grim present. The Hindus also spoke of a similar decline, landing us in the horrible Kali Yuga, where we are now. (And the Brahma Kumaris, a contemporary spiritual group building on Hindu ideas, also has a similar belief system.) Moreover, the entire myth of Eden is about a perfect world that we lost in our fall from grace. This notion of a past Golden Age has been a striking feature of most cultural worldviews that understand life as an immense cycle beginning in heavenly perfection and passing through increasing periods of decline.
Freud wondered if our sense that there was a time of perfect happiness that we’d lost came from the experience of exiting the womb. In some dim but definite imprint, the transition from floating in bliss in utero to the abrupt assault of the birth canal and ultimate abandonment left us in mourning for the loss of something that we couldn’t ever quite name. Golden age ideals may also serve another function: they may be a way that humanity has made sense of evil. The belief is that once we were good, pure, and lived in peace and harmony…and that gradually we have lost touch with that perfection. From a spiritual standpoint, this is not untrue. The development of self-identity creates the illusion of separation from All, the primordial unity of all things, the ground of Being.
We create Golden Ages out of our deepest longings, our idealistic hopes for what life should be based in what we feel we are missing in the present. In the context of a world of endless conflict, violence, brutality, and strife—which has been the case for most of human existence—the ideal of a paradise of peace makes sense. Or, to use another example, no wonder, then, that feminists have painted pretty pictures of equality onto prehistoric cultures that have left behind little more than lumpen female figurines. Desiring equality in the present, we find it in the past.

Think About This: In Search of a Golden Age, Email from 30.6.11.
'In Search of true scenius 5: Woody Allen's Midnight in Paris', by Elizabeth Debold, EnlightenNext Editors' Blog, June 27, 2011.

Die Apokalypse und 2012

Die Entrückung kam und ging. Jedenfalls ist das die Geschichte, die die neuesten christlichen Endzeitjünger erzählen, die daran glauben, dass das Ende der Welt gekommen ist – oh, vor einigen Tagen. Manche haben ihren Job gekündigt, ihre Ersparnisse ausgegeben, sich von Freunden und Familie verabschiedet – alles in dem festen Glauben, dass wir tatsächlich an der letzten Ausfahrt zum Himmel angekommen sind. Ein Ehepaar in Florida verschleuderte gar die Ersparnisse eines ganzen Lebens, denn wozu brauchten sie die noch nach dem 21. Mai? Ja, es ist verrückt. Ja, es ist traurig. Ja, das scheint sich ungefähr alle fünf Jahre zu wiederholen. Ja, es ist in unseren modernen Zeiten schwer zu glauben, dass diese Denkweise immer noch solche Blüten treiben kann.
In akademischen Kreisen wird so etwas als eschatologisches Denken bezeichnet oder als Chiliasmus (die Lehre vom tausendjährigen Reich; das bezieht sich auf die Bibel, der zufolge Christus eines Tages im Paradies tausend Jahre regieren wird). Doch um die Wahrheit zu sagen: Diese Dinge gehören seit jeher zum Grundbestand der religiösen Traditionen. Und auch wenn sie in einigen dieser Traditionen in den letzten paar hundert Jahren verblasst sind, handelt es sich dabei doch keineswegs um ein Randthema. Jede größere Religion, einschließlich des Buddhismus, hat irgendeine Art von messianischer, eschatologischer Tradition. Wenn nicht die Wiederkunft Christi, dann die des Mahdi, die Ankunft des Maitreya, das Erscheinen Kalkis, das Ende des Eisernen Zeitalters, das Kommen des Neuen Jerusalem, die Rückkehr des Quetzalcoatl, das … okay, Sie verstehen das Prinzip. Auch heute noch haben die meisten religiösen Traditionen einen reichen, aktiven eschatologischen Kern.
Vor knapp zehn Jahren habe ich schon einmal einen Artikel zu diesem Thema geschrieben. Es ist faszinierend und schockierend: Obwohl es eins ums andere Mal danebengegangen ist, lassen sich die Leute nicht davon abbringen. Das Endzeitdenken gehört zu der Art gedanklicher Viren, die durch Fehlschläge einfach nicht totzukriegen sind.
Für uns aber, die eher aus progressiven, weniger traditionsgebundenen Umfeldern kommen, ist es ein intellektueller Sport mit garantierter Trefferquote. Eine Menge guter apokalyptischer Witze kursieren derzeit. Das einzige Problem mit all dieser Heiterkeit auf Kosten der wahren Gläubigen besteht darin, dass sie nicht als Einzige der Versuchung erliegen, an irgendeine Art messianischem Ereignis außerhalb der Geschichte zu glauben, durch den irgendwie die Welt gerettet wird. Ich beobachte mit einer gewissen Faszination, wie sogar einige Leute der Marke „spirituell, aber nicht religiös“ einen eigenen messianischen Geschmackssinn entwickeln. Ja, auch in den progressiven Bereichen der Kultur, in denen kluge, spirituell orientierte Menschen mit den besten Absichten ehrlich daran arbeiten, sich selbst und die Welt zu verbessern, treibt dieses Denken seine Blüten, wenn auch gewiss nicht so dramatisch.
Werfen wir nur einen Blick auf den Hype um das Jahr 2012. Die 2012er-Fraktion glaubt, der Maya-Kalender und verschiedene andere prophetische Ankündigungen würden besagen, dass irgendwann um den 21. Dezember 2012 große Veränderungen auf der Erde geschehen werden. Das ist also der Zeitpunkt, an dem alles auf großartige Weise kulminiert – je nachdem, mit wem man spricht, wird es ein fantastischer evolutionärer Durchbruch sein, durch den Liebe und Licht wieder erstarken, oder ein gewaltiges Szenario globaler Veränderungen von epischem Ausmaß. Man denke nur an den Film 2012, der eine verheerende, die ganze Welt zerstörende Verschiebung der Magnetpole beschreibt.
2012 ist die progressive Variante des traditionellen eschatologischen Denkens. Es geht um die Vorstellung von einem Ereignis, das völlig außerhalb des normalen Ablaufs der Geschichte liegt, alles verändert, dabei die Mehrheit der Menschen auf eine höhere Bewusstseinsstufe katapultiert und so eine erleuchtete Zukunft erschafft. Es gibt davon auch die düstere Variante, bei der sich eine Art Miniapokalypse ereignen muss, bevor der bessere Teil der Zukunft anbricht, doch im Allgemeinen steht 2012 für eine positive Version des eschatologischen Denkens.
Es fällt nicht schwer, die Attraktivität dieses Denkens zu verstehen. Wer sich Gedanken macht um das Schicksal dieses wunderbaren blauen Planeten und seiner bemerkenswerten, ihrer selbst bewussten Bewohner – ganz zu schweigen von den Scharen großer und kleiner, niedlicher, pelziger Kreaturen (und natürlich auch der nicht so niedlichen und pelzigen) –, kommt zu dem Schluss, dass der Einfluss unserer Lebensform sich in den letzten Jahrzehnten verstärkt hat. Unsere Macht ist weit über alles je Dagewesene hinaus gewachsen, eine technisch gestützte Macht, die sich mit allem messen kann, was sich die mythischen Götter jemals hätten ausdenken können. Wir haben uns zu Herren über den Planeten aufgeschwungen, und mit dieser Macht geht die berechtigte Angst einher, dass wir unabsichtlich, sozusagen aus Versehen unser eigenes Endzeitszenario, unsere eigene apokalyptische Zerstörungsorgie erschaffen, wenn unsere Gattung nicht rasch reifer wird. Und nachdem diese Reifung ein bisschen länger dauert als wir gern hätten, entsteht die verständliche Neigung, sie durch ein oder zwei gewaltige Ereignisse anzuschieben und so eine höhere Stufe der Bewusstheit sowie einen höheren Grad an Verantwortung zu erzielen. Glauben Sie mir, wenn so etwas ginge, wäre ich der Erste, der sich dafür anmeldet.
Auch wir im progressiven Lager müssen also aufpassen, dass wir nicht in messianisches Denken verfallen. Gleichzeitig aber dürfen wir nicht in die gegenteilige Falle tappen und zulassen, dass unser Idealismus in einen Realismus abgleitet, der nicht mehr ist als Zynismus. Unerwartete, erstaunliche, positive Ereignisse können durchaus geschehen. Es gibt diese gewaltigen, sprunghaften Entwicklungen nach vorn, die uns alle überraschen. In der Tat: Nur weil nicht gleich in den nächsten paar Tagen 1000 Jahre voller Liebe und Licht für uns alle anbrechen, brauchen wir nicht gleich jeglichen Glauben an positive Möglichkeiten für die Zukunft aufzugeben. Wir brauchen nicht den Glauben daran aufzugeben, dass wir tatsächlich über die Macht verfügen, die Kräfte der kulturellen Entwicklung anzuschupsen, in eine positive Richtung zu schieben und ein Stückchen voranzubringen. Wie können wir also verantwortlich und zugleich optimistisch über die Evolution der menschlichen Kultur nachdenken, ohne dabei einerseits in Fatalismus und Zynismus oder andererseits in allzu optimistische messianische Erwartungen zu verfallen? Wo liegt der Mittelweg zwischen diesen beiden verführerischen Fallen des menschlichen Geistes?
Carter Philipps
Apocalypse Now, progessiv, EnlightenNext Germany
  
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"Whenever the world declineth in virtue and righteousness;
and vice and injustice mount the throne, then cometh I,
the Lord and revisit my world in visible form, and mingleth
as a man with men, and by my influence and teachings do I destroy
the evil and injustice and reestablish virtue and righteousness.
Many times have I thus appeared, and many times hereafter
shall I come again."
Bhagavad Gita

Montag, 27. Juni 2011

Europas welthistorischer Sonderweg

Der relevante Zeitraum des Auseinanderdriftens der Entwicklung der Kulturen und der Beginn des europäischen Sonderwegs dürfte zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert gelegen haben. Damals beschloss China, das "Reich der Mitte", auf eine Ausdehnung nach Übersee zu verzichten. Und die östlichen Zentren des Reichs der Muslime wurden durch mongolische Eroberer zerstört. Im Nahen Osten und in China wurde die Entwicklung zudem durch einen starken Zentralstaat beeinträchtigt.
Es waren die Renaissance und der Humanismus, die (Wieder-)Erfindung des Buchdrucks (die Chinesen kannten ihn bereits seit dem 7. Jahrhundert; im Islam hingegen wurde die Druckerpresse erst 300 Jahre nach Gutenberg eingeführt), die Reformation und die Entdeckung Amerikas, zusammen mit der später einsetzenden Aufklärung, welche die Bedingungen schafften für eine schier grenzenlose Dynamik und Entwicklung. Dieser gewaltige Fortschritt war für andere Kulturen für eine lange Zeit nicht mehr einzuholen. Letztendlich mündeten er ein in die Lebens- und Produktionsfromen der Industriekultur, dem materiellen Ausdruck der Dominanz des Westens als Moderne.
Die schottische Aufklärung baute auf den moral und common sense auf, also auf einer Ethik der moralischen Gefühle und dem gesunden Menschenverstand. Eigeninteresse und Gemeinschaftsinteresse galt es im Gleichgewicht zu halten. Kennzeichnend für das Zeitalter der Aufklärung war auch eine umfassende Religionskritik mit der entsprechenden Religionsfreiheit als Errungenschaft! Die Kritik an der traditionell dahergebrachten Religion war von einer Tiefe, wie sie in kaum einer anderen Kultur mehr stattfand. Wegweisend waren auch die politischen Rechte, welche die Menschen sich im Zuge der Amerikanischen Revolution von 1776 und der Französischen Revolution von 1789 erkämpft hatten.
Die Aufklärung hatte mit ihrem Glauben an die Vernunft und ihrer Kraft der Kritik die alten Begründungen für Herrschaft unterminiert. Sowohl die kirchliche wie die weltliche Macht durfte nun öffentlich in Frage gestellt werden. Und ein enormer Erkenntnisfortschritt in den Naturwissenschaften legte die Grundlagen für die moderne Technik und die moderne Industriegesellschaft. Es begann eine einzigartige Zeit. Ein kleiner Landzipfel am Rande des asiatischen Kontinents hat seit 1600 bis heute die Welt geistig, militärisch und ökonomisch dominert.
Aber diese gebündelte Macht wurde nicht nur für gute Zwecke gebraucht. Europa ist auch der Kontinent der schrecklichsten Kriege aller Zeiten. Millionen Menschen mussten sterben, bevor unsere Zivilisation sich selbst gebändigt hat. Erst in den letzten Jahrzehnten konnte ein dauerhafter Friede zwischen den europäischen Nationalstaaten gefunden werden und zwar in Form der Europäischen Union. Und der Sonderweg scheint nun auch an sein Ende gekommen zu sein. Einerseits hat Nordamerika (das "ausgewanderte Super-Europa"), nach dem Ende der beiden europäischen Bürgerkriege, die globale Führungsrolle übernommen. In Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur ist kein anderer Kulturraum auf Erden so innovativ wie der US-amerikanische. Aber in den letzten Jahrzehnten haben auch einige Entwicklungsländer enorme Fortschritte gemacht. So ist China zum zweitgrössten Wirtschaftsraum der Erde aufgestiegen (bzw. auf Platz drei, wenn wir die EU als staatliche Einheit mitberücksichtigen). Die moderne Welt scheint sich über den ganzen Planeten zu verbreiten. Die globale Übernahme von abendländischer Aufklärung, Sekularisierung, Wissenschaft und Technik sind durchaus positiv zu bewerten. Konstruktive Kritik ist weiterhin sehr wichtig. Auch das Bemühen der Postmoderne um kulturelle Vielfalt ist als sehr positiv zu werten. Übernahme der westlichen Kultur: ja, aber keine Übernahme des Christentums! Der Reichtum der Vielfalt der Weltreligionen sollte erhalten bleiben! Es reicht eine moderne Weltsicht zu entwicklen, d.h. auf den Glauben an Geister und Dämonen zu verzichten. Ein so reformierter Islam oder Hinduismus beispielsweise ist modernitätskompatibel. Und das göttliche Licht könnte weiterhin durch die bunte Vielfalt der verschiedenen Religionen hindurchscheinen.

Samstag, 25. Juni 2011

Universaler Sufismus

Sufismus ist die mystische Strömung des Islams. Der Universale Sufismus von Hazrat Inayat Khan hat zum Ziel die Weisheit des Sufismus in den Westen zu bringen. Eindrücklichste Gestalt hat er im Universellen Gottesdienst gefunden. Im Folgenden wollen wir uns v.a. auf diesen Universellen Gottesdienst und die mystische Philosophie des Sufismus konzentrieren. Die esoterische Schule scheint uns dann aber doch als zu unglaubwürdig.
Um Verständnis und Harmonie zwischen den Religionen zu fördern hat Hazrat Inayat Kahn den Universellen Gottesdienst geschaffen. Er vereint in einem inspirierenden Ritual alle Religionen. Die Weisheit, dass alle grossen Religionen dieser Welt im Kern eine Einheit bilden, wird so konkret erlebbar und symbolisch dargestellt. Religionen haben unterschiedliche Erscheinungsformen, bergen aber die gleiche essentielle Wahrheit in sich - Religion des Herzens zu sein. Das Ritual symbolisiert, wie das göttliche Licht durch all die verschiedenen Religionen hindurch die Menschheit erreicht!
Das ganze Universum ist die Art und Weise Gottes sich auszudrücken. Die Anerkennung der Einheit Gottes liegt im Zentrum des mystischen Gedankenguts der Sufi. Gott ist die Wahrheit, und Gott ist All-Ein, Allgegenwärtig und Alldurchdringend. Nur die Identifikation mit unserer begrenzten Persönlichkeit hindert uns daran, uns in unserem Bewusstsein mit Gott zu vereinigen (unio mystica). Die Verstandes- und Intellektfeindlichkeit der Mystik teilen wir jedoch nicht. Für den Musiker Hazrat Inayat Kahn stellen der Klang und die Harmonie die höchste Form der Manifestation dar. Das Leben wird als eine Reise von der Unvollkommenheit zur Vollkommenheit, vom Unwirklichen zur Wirklichkeit gesehen. Die Sufi-Lehre soll zur Erweckung des Bewusstseins der Göttlichkeit der menschlichen Seele dienen. Die Botschaft von Liebe, Harmonie und Schönheit ist die göttliche Botschaft und die Antwort auf den Ruf der Seele.
Während die Naturwissenschaften mit ständig verfeinerten Analysemethoden immer genauere Beobachtung hervorbringen, ist die Mystik die ganzheitliche, innere Schau der Natur der Dinge und der Zusammenhänge der Schöpfung. Im Gegensatz zu den materialistisch-kausal-deterministischen Theorien steht die Schöpfung als untrennbar verbundene, dynamische Ganzheit. Leitend ist das Prinzip, dass nichts ruht, sondern alles in Bewegung ist und schwingt. Es ist in Wirklichkeit der allumfassende, göttliche Geist, in dem wir leben, uns bewegen und in dem unser Wesen seine Heimat hat.
"Wie Eis und Wasser zwei verschiedene Dinge sind und gleichzeitig in ihrer wahren Natur ein und dasselbe, so ist es auch mit Geist und Materie. Wasser wird unter bestimmten Umständen zu Eis, und wenn das Eis schmilzt, wird es wieder zu Wasser." Durch Schwingung wird der Geist zunächst hörbar, dann sichtbar und endlich berührbar. "Manifestation ist das Ausatmen Gottes, - Vernichtung oder das Ende der Welt - ist das Absorbieren, das Einatmen Gottes." Über die "andere Welt" hat jeder Prophet zu seinen Anhängern in der Sprache gesprochen, in der sie ihn verstehen konnten." Wobei "nicht nur der Mensch, sondern die ganze Schöpfung nach dem Bild Gottes geschaffen wurde."
Auf dem Pfad der Verwirklichung sieht Hazrat Inayat Khan fünf Grundbedürfnisse: den Wunsch zu leben, den Wunsch nach Macht, den Wunsch zu wissen, den Wunsch nach Glück und schliesslich den Wunsch nach Frieden. Diese elementaren Grundbedürfnisse sind der Motor hinter den meisten irdischen Unternehmungen. Indem wir auf dem Pfad der Verwirklichung fortschreiten, können wir Stufe um Stufe nach höhren Idealen streben, bis zur endgültigen inneren Verwirklichung. Dabei ist ein Gleichgewicht zwischen Tätigkeiten in der äusseren und der inneren Welt wichtig. Letzlich ist aber nur die Rückkehr der Seele zu Gott im Leben nach dem Tode wichtig.
Für die universalen Sufis ist ein sich entwickelndes Gottesideal wichtig. Da die Wirklichkeit Gottes jenseits aller menschlichen Vorstellung ist, bleibt es für unser Denken immer ein Mysterium. Dennoch braucht der Mensch ein Bild von Gott um eine Beziehung zu ihm zu entwickeln. Das Konzept des Gottesideals verlangt, dass jeder sich ein Idealbild von Gott schafft. Es ist das erhebenste und inspirierendste Bild, das sich der Einzelne, auf der Basis seines Verständnisses vom Schöpfungsprozess, machen kann. Dieses Gottesideal ist nicht die Wirklichkeit Gottes, es ist eine menschliche Vorstellung und somit von Mensch zu Mensch verschieden. Aber es entwickelt sich im Laufe der Zeit mit dem sich entwickelnden Verständnis jedes Menschen. Das sich entwickelnde Gottesideal ist wie eine Leiter, die den Mensch Schritt für Schritt Gott immer näher bringt.
Der Sufi strebt nach Meisterschaft und Ausgeglichenheit in seinem Leben. Stolz und Überheblichkeit schmelzen dahin, wenn wir ein Gefühl der Dankbarkeit für all die wunderbaren Gaben, die wir in unserem Leben empfangen haben, entwickeln. Die Hingabe an Gott führt zu Bescheidenheit und Demut. Als Ziel der moralischen Entwicklung sollten wir die Fähigkeit zur Vergebung, zur Sympathie und zur Güte entwickeln.
Harmonie bedeutet Schönheit. Der Mensch sehnt sich nach dieser Schönheit und versucht deshalb ständig, Harmonie zu schaffen. Die gesamte Schöpfung tendiert zur Harmonie und ist darauf aufgebaut. "Der Hintergrund der gesamten Schöpfung und ihr ganzes Geheimnis ist Harmonie." Diese Harmonie wird uns durch die Schönheit der Natur erfahrbar. Der Gesang der Vögel und das Rauschen der Wälder ist wie eine göttliche Musik. Das ganze Universum ist wie eine Symphonie.
Aber wie ist es möglich, im Einklang mit allem zu leben, wenn wir fortwährend von unseren Mitmenschen enttäuscht werden und ständig gegen Widerstände kämpfen müssen? - Wir sollten lernen einen Schritt weiter zu gehen. In jedem Menschen auch das Gute versuchen zu erkennen, lernen jeden Menschen zu mögen, und Mitleid mit ihm zu haben. Schliesslich spielt die Musik immer eine besondere Rolle bei den Sufis. Musik berührt unser innerstes Wesen.
Disharmonie ist Krankheit. Ist der Rhythmus einmal gestört, so muss er langsam, mit Weisheit und Geduld und mit allergrösster Zuwendung widerhergestellt werden. Wichtig sind positive Vorstellungen und Gedanken. Wirklicher Glaube ist die beste Medizin. Glauben ohne Beweise ist natürlich schwierig. Aber: "Es gilt ein Schloss in den Wolken zu bauen; dieses Schloss wird zum Paradies." Der Höhepunkt des Glaubens ist das Vertrauen. Es bewirkt eine innere Überzeugung, dass das, was wir glauben, auch eintreten wird, und dies ist sehr mächtig. Und schliesslich ist keine Medizin wirkungsvoller als der Frieden. "Wahrlich, gesegnet ist das Herz, das den Göttlichen Frieden findet." Wir sollten versuchen unsere Gedanken auf freundliche und liebevolle Gedanken und Gefühle zu konzentrieren. Denn der Geist ist schöpferisch. Gedanken und Gefühle, denen wir unsere Aufmerksamkeit schenken, wachsen, werden stärker und führen zu weiteren positiven Gefühlen und Handlungen. Deswegen gilt auch, "O Friedensstifter, ehe du versuchst Frieden in der Welt zu stiften, schaffe erst Frieden in dir selbst." Nur wenn wir Frieden in unserem Herzen schaffen, öffnen wir uns der Erfahrung der Einheit und Vollkommenheit Gottes. Die holistische Philosophie inspiriert viele spirituelle Strömungen innerhalb der New Age Bewegung. All dies trägt zur grösseren Einheit und Verbrüderung der Menschen bei.

Universaler Sufismus - Die Sufibotschaft von Hazrat Inayat Khan, von H.J. Witteveen, Verlag Heilbron, 1998
  
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Schwer ist es, aus der Tierheit Dunkel
den Weg zum Licht des Menschentums zu finden.
Wandle so als Mensch auf dieser Erde,
dass die Menschlichkeit auch sichtbar werde.
(Lehre des Buddha, Suhrillekha 59)

Donnerstag, 16. Juni 2011

Is evolution guided?

If life originates and makes progress, then clearly something inherent in itself must be organising it. Is there any reason to believe that once life arose on earth, it was subsequently "organised" to progress along a given course which has led to emergent complexity and ultimately us? For an answer to such a question — one which pertains to life and living things — we have to turn to biology and, thence, to its most fundamental and successful formulation to date — the theory of evolution. Unfortunately, that doesn't get us much beyond a resounding "no".
That's because the forces that impel evolutionary processes are blind. They have no foresight that says: if this is done then that will happen. It's a continuing process of trial and error where if by chance a random mutation succeeds in benefitting the organism, it tends to get retained and repeated through later generations until conditions change and other chance mutations are incorporated. Those organisms that accidentally get dealt a better biological deal become better adapted to their environment. Those that don't, can't compete and die out.
When Charles Darwin and Alfred Russel Wallace first formally presented their account of how nature works, it ran headlong into ages of received religious wisdom — initially for the wrong reasons and later for what religion considers is the right reason now. Meaning, in the beginning, people were simply aghast at the sudden notion that monkeys and humans could have a common ancestor. After all, weren't we made in His image? Today, however, they reject evolution on more refined theological grounds — namely, that it's purposeless, whereas the entire majesty of their faith stems from the belief that creatures like us are the end product of a design.
And there the argument could have teetered forever if it wasn't for one niggling trend that has made itself manifest throughout the history of life on this planet: the progression towards an increase in order and complexity. From the time the first tiny unicellular organism got its RNA up and running to all life today, life has only got more organised, denser, intricate and complicated than what came before. Since evolution is the only thing that's totally responsible for this progress, how accidental could it be? How blind is that?
Some mechanistic evolutionary biologists who see in this an implicit threat to the blind-and-accidental paradigm deny any progression involved at all by denying it outright. Lynn Margulis in What is Life? flatly states: "All species are equally evolved"; Stephen Jay Gould says: "There is no progress in evolution"; and Richard Dawkins of The God Delusion fame clocks in predictably with "We all agree that there's no progress".
However, this ignores the plain facts of life and evolution and, luckily, some scientists have not been so blind themselves. Edward O Wilson, the American biologist, researcher and author writes in The Diversity of Life: "Progress is a property of the evolution of life as a whole by almost any conceivable intuitive standard. . . . Let us not pretend to deny in our philosophy what we know in our hearts to be true."
Perhaps the geneticist Theodosius Dobzhansky sums it up best when he observes that evolution as a whole doubtless had a general direction, from simple to complex, from dependence on to relative independence of the environment, to greater and greater autonomy of individuals, greater and greater development of sense organs and nervous systems conveying and processing information about the state of the organism's surroundings and, finally, greater and greater consciousness.
From simple cellular life, tissues and organs to the diversity of plants and animals, families, communities and global ecosystems, life is progress at every scale. If anything, the evolution of life is the increase of biological organisation. If life originates and makes evolutionary progress — without complexity and organising inputs from outside — then clearly something inherent in itself must be organising it.

Mukul Sharma, Is evolution guided?, 16.6.11, The Times of India

Mittwoch, 15. Juni 2011

Harmony between man and nature

     
Harmony between mean and nature - Rules of harmonious living, Chinese Civilization, CCTV.
     

Sonntag, 12. Juni 2011

Ein paar christliche Gedanken

Das Wesentliche des Christentums, wie es von Jesus verkündete ist und wie es vom Denken begriffen wird, ist dies, dass wir durch die Liebe allein in Gemeinschaft mit Gott gelangen können.
Alle lebendige Erkenntnis Gottes geht darauf zurück, dass wir ihn als Wille der Liebe in unseren Herzen erleben.
Albert Schweitzer (Er war erster Ehrenpräsident des Bundes für Freies Christentum und Mitglied der Chruch of the Larger Fellowship, CLF.)

"I am the light of the world." (Jesus in the Gospel of John, 8:12)
"My way of living - with faith, hope and love - is the true way of life, the way of more abundant life. No one can come to God who does not learn the way of forgiveness, humility and self-sacrifice." Than what is preached is not dogma or exlusivity, but a deeper and more universal spiritual truth.
John Buehrens, Understanding the Bible, Beacon Press, Boston, 2003, p. 175
   
Die Liebe ist stärker als der Tod, und sie besiegt die Sünde!

Samstag, 11. Juni 2011

Gott wirkt nicht von aussen, sondern im Innern der Welt!

Was wär ein Gott, der nur von aussen stiesse,
Im Kreis das All am Finger laufen liesse!
Ihm ziemt's die Welt im Innern zu bewegen,
Natur in sich, sich in Natur zu hegen.
So dass, was in Ihm lebt und webt und ist,
Nie seine Kraft, nie seinen Geist vermisst.
Im Innern ist ein Universum auch;
Daher der Völker löblicher Gebrauch,
Dass jeglicher das Beste, was er kennt,
Er Gott, ja, seinen Gott benennt,
Ihm Himmel und Erde übergiebt,
Ihn fürchtet und wo möglich liebt.
(Goethe, 'Gott und Welt')

Gott "wohnt" nicht neben der Welt, denn er ist,
"das, was die Welt im Innersten zusammenhält." (Goethe)
Gott ist "die in allem wirkende Kraft."

Wäre Gott mit der Welt identisch, dann hätten die naturalistisch-materialistischen Atheisten recht, für die eben die grundsätzlich messbare Welt das einzige ist. Gott ist "die in allem wirkende Kraft", aber nicht als messbare oder mathematisch berechenbare Grösse, sondern als "Meta-Kraft", als Tiefen(dimension).
Gott ist die Kraft, "von der und durch die und zu der alle Dinge sind." (Römer, 11,36)
"Nichts ist so klein, Gott ist noch kleiner, nichts ist so gross, Gott ist noch grösser." Matrin Luther
Offensichtlich überlässt Gott der Natur und den geistigen Wesen einen Spielraum der Freiheit, sich zu entfalten. Durch seinen Geist wirkt er auf den menschlichen Geist ein, wobei wir die Freiheit haben, uns seinem "Willen der Liebe" zu entziehen, aber auch die Freiheit, uns von ihm erneuern und motivieren zu lassen.
Wirkt Gott darüber hinaus auch auf das Geschehen in der Natur ein? - Wir sollten Abschied nehmen von der Auffassung, Gott würde hier und dort "supernatural", mirakulös eingreifen, indem er die Naturgesetzte und die Regeln des menschlichen Seelenlebens unterbricht.
Gottes Wirken in der Welt bleibt unbegreiflich. Als Vorzeichen und Zielpunkt darf aber geglaubt werden: "Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes." (Römer, 8,39) Wir bleiben in Gottes Hand.
Gott ist kein Faktor neben anderen, sondern die Tiefe in allem. Diese gläubige Auffassung ist das Gegenstück zur atheistisch-naturwissenschaftlichen Sicht, wonach, dass Universum spontan aus sich selbst heraus entstanden ist.
Die Religion versucht auf die Frage nach dem Ganzen dem Menschen eine umfassende Antwort zu geben. Der christliche Glaube sieht in dem Gott, der "Wille der Liebe" ist, den wahren Sinn des Daseins und die einzige Zukunft von allem.
"Gott wohnt, wo man ihn einlässt." Martin Buber
An einen Schöpfer der Welt glauben, heisst vertrauen, dass Welt und Menschen nicht im letzten Woher unerklärlich bleiben. Dass Welt und Mensch nicht sinnlos aus dem Nichts ins Nichts geworfen sind. Dass sie trotz allem Sinnlosen und Wertlosen als Ganzes sinnvoll und wertvoll sind, nicht Chaos, sondern Kosmos: weil sie in Gott, ihrem Urgrund, Urheber, Schöpfer, ihre erste und letzte Geborgenheit haben. (Hans Küng)

Zwei interessante Artikel zum Thema, die hier ausschnittweise wiedergegeben wurden, sind im Heft 'Freies Christentum - Auf der Suche nach neuen Wegen' Nr. 6, 2010 zu finden: 'Wo wohnt Gott?' von Andreas Rössler (S.141-143) und 'Nicht Chaos, sondern Kosmos' von Werner Zager (S.144-151). Schliesslich wird im gleichen Heft eine Zusammenfassung der Jahrestagung 2010 des 'Bundes für freies Christentum' zum Thema "Gott im Werden der Welt. Moderne Naturwissenschaft und liberale Theologie im Gespräch." (S. 154-159) gegeben. Diese empfehlenswerte Zusammenfassung kann auch auf der Homepage des Bundes für freies Christentum unter der Rubrik 'Bericht von der Tagung in Arnoldshain 2010' nachgelesen werden.

Donnerstag, 9. Juni 2011

Dragged Kicking and Screaming into Heaven

"Universalism came to be called 'The Gospel of God's Success', the gospel of the larger hope. Picturesquely spoken, the image was that of the last, unrepentant sinner being dragged screaming and kicking into heaven, unable to resist the power and love of the Almighty." McKeeman. What kind of God was this?
This was a religion of radical and overpowering love. Universal Salvation insists that no matter what we do, God so loves us that she will not and cannot consign even a single human individual to eternal damnation. Universal salvation is the consequence of Universal love.
Why use the language of love to describe this? How else to describe that which created, under grids and sustains us? How else are we to speak of the idealized parent behind every parent - the archetypal Mother and Father of us all?
Many contemporary Unitarian Universalism dismiss this. Our God is more abstract and less personal, more a symbol and less a felt presence, more in our heads and less in our hearts, an idea we argue about rather than an intuition we reply upon.
But what is God really? God is the un-begun and unknowable, the unfathomable and ineffable that is as close as the next heart beat, as ordinary as a mote of dust and as precious as a newborn. God is the transcendent mystery at the core of all things. God is the mask we place upon the infinite and the grab we drape over the sacred so that we might enter into relationship with it. For we, of all the manifestations of the eternally unfolding creation, are blest to awaken to and knowingly witness and savor this miracle of life. Then in transmitting and building upon the creation with our own lives, we seek to address the divine mystery that is both parent and partner. We say: "Our Father and Kami. Hail Mary and Gaia, Jesus, Abba, Siva, Allah, Brahma."
We made Her in ours. Why? So that we can identify with and relate to Her, we can address and be spoken to, can love and be loved by. That is the way we are built. God, which is how we speak of experiencing the mystery behind all things, must be relational because we are relational. The connection we feel to another human being, which is what we learnt in our mother's arms, is the prototype for all our relationships. I talk with God because I need to relate to the world that is within and beyond me. It is a personification of the Most Holy rooted in a powerful, sometimes overwhelming, feeling. What a relief to feel that ultimately there is nothing I can do to alienate myself from God's loving embrace - the almighty but tender arms of the creative force that upholds and sustains all life.
No one has ever or will ever draw true love out of another with punishment. God's love is given to all and is more a positive force for good than fear ever will be. Behind this is a simple truth: in being loved we learn to love. Those who are loved will in turn love others.
The "Gospel of the Larger Hope" is a gospel of inclusion that proclaims God's enduring and undaunted love. Why is it easier to believe the unbelievable than to believe we are one human family beloved by God?
What we yearn for is unconditional love but it is contradicted by our experience. Instead, the principle message each of us received over and over again was this: behave and be loved, behave and be loved. The implication is: those who are good and compliant are loved, all others not. Universalism calls this "partialism." In other words, people have taken their own experience of conditional, judgmental, imperfect human love and ascribed it to God.
The world needs to hear about this faith that soothes wounded hearts and shapes attitudes that embody the Spirit of Love rather than that of wrath. In the face of neo-tribalism we need a message that challenges the "axis of evil" rhetoric, contradicts the 'us' versus 'them' mentalitiy and proclaims the oneness of the human family. God who, dismissing free will, drags Hitler into heaven, as well. This is a truth almost too shocking for us to assimilate, but "... beneath all our diversity and behind all our differences there is a unity which makes us one and binds us forever together in spite of time and death and the space between the stars." (David Bumbaugh).

Die ganze Predigt von Mark Morrison-Reed (Meadville Lombard Theological School, Chicago) kann unter Dragged Kicking and Screaming Into Heaven nachgelesen werden.

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Sinnlosigkeit macht krank. C.G. Jung

Out beyond ideas of right-doing and wrong-doing
there is a luminous field. I'll meet you there. Rumi

Awakening to the miracle of life
entails not so much a discovery of the supernatural,
but rather discovery of the super in the natural.

In our circle of faith,
when two or more gather,
a loving argument is a sure sign
that the spirit is moving among us.
     

Mittwoch, 8. Juni 2011

Das Weltgericht

Wenn aber der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen. Und alle Völker werden sich vor ihm versammeln, und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirte die Schafe von den Böcken scheidet. Und er wird die Schafe zu seiner Rechten stellen, die Böcke aber zur Linken. Dann wird der König denen zu seiner Rechten sagen: Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, empfangt als Erbe das Reich, das euch bereitet ist von Grundlegung der Welt an. Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen. Ich war nackt, und ihr habt mich bekleidet. Ich war krank, und ihr habt euch meiner angenommen. Ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen. Dann werden ihm die Gerechten antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und haben dir zu essen gegeben, oder durstig und haben dir zu trinken gegeben? Wann haben wir dich als Fremden gesehen und haben dich aufgenommen, oder nackt und haben dich bekleidet? Wann haben wir dich krank gesehen oder im Gefängnis und sind zu dir gekommen? Und der König wird ihnen zur Antwort geben: Amen, ich sage euch: Was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.
Dann wird er denen zur Linken sagen; Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist für den Teufel und seine Engel! Denn ich war hungrig, und ihr habt mir nicht zu trinken gegeben. Ich war fremd, und ihr habt mich nicht aufgenommen. Ich war nackt, und ihr habt mich nicht bekleidet. Ich war krank und im Gefängnis, und ihr habt euch meiner nicht angenommen. Dann werden auch sie antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig gesehen oder fremd oder nackt oder krank oder im Gefängnis und haben nicht für dich gesorgt? Dann wird er ihnen antworten; Amen, ich sage euch: Was ihr einem dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr mir nicht getan. Und diese werden in die ewige Strafe gehen, die Gerechten aber ins ewige Leben. Matthäus, 25, 31-46

Das Gebot der Feindesliebe - was wirklich jesuanische, vollkommene Liebe wäre - ist in diesem alten biblischen Rigorismus noch nicht angekommen! Aber es gibt einem trotzdem einiges zu denken ...

Samstag, 4. Juni 2011

Liebe und Tod (und der Humor)

"Im Zentrum des menschlichen Erlebens stehen die Angst und das Vertrauen, ... daneben ... wären es Liebe oder Misstrauen, Freiheit oder Zwang, Hoffnung oder Enttäuschung. ... "Alle Literaten schreiben über ein einziges Thema: über die Liebe und den Tod." ... Wenn wir für Tod sagen: Angst, Verlorenheit, Vernichtungsgefühle, Leiden an der persönlichen Unbedeutendheit, an der schnöden Gleichgültigkeit der Welt, dann umschreibt all das diesen Erfahrungspol des Todes ziemlich genau. Liebe aber ist an jeder Stelle das Gegenteil davon. Die Frage ist nun, wie man diese Spannung aushält. Das ist das ganze Drama des Lebens und ganz sicher das Spannendste auch der Literatur." Eugen Drewermann, 'Wir glauben, weil wir lieben', Patmos, S. 138, 2010.

Und ein weiteres wichtiges Gegensatzpaar scheint mir um den Pol des Absurden herum angesiedelt zu sein. Einerseits die Angst und Verzweiflung, anderseits der Humor. Der Humor schafft es, noch im Absurden und Grotesken logikresistente Irritationen zu erkennen, die, wenn sie uns überraschen und wir genügend entspannt sind, es schaffen uns zu schallendem Gelächter zu bringen. Schneller Perspektivwechsel, zusammen mit überraschenden Kombinationen von Elementen, die eigentlich gar nicht zusammengehören. Seit die Menschen das Bewusstsein ihrer eigenen Sterblichkeit entwickelt haben, sind sie mit den absurden, stark ängstigenden Abgründen des menschlichen Daseins konfrontiert. Ein Bewusstsein über das wohl kein anderes Tier so verfügt. Und der Humor hat sich wohl evolutionär als Gegengewicht zur Absurdität des Leidens und des Todes herausgebildet. Dass der Mensch einmal über all seine Probleme herzhaft lachen kann, ist wahrscheinlich zu einem entscheidenden Psychoaufheller mit Langzeitwirkung geworden! Und die schnellen Muskelkontraktionen und Entspannungen sind gemäss Gelotologie (Lachforschung) wohl auch gesund. Lachen verstärkt die Lebensfreude und Lebenskraft.

Und aus dem Chaos sprach eine Stimme zu mir:
"Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen!"
Und ich lachte und war froh - denn es kam schlimmer.
Otto Waalkes

Freitag, 3. Juni 2011

Was ist Evolution?

Immer, wenn ich erkläre, was Evolution ist, sage ich Folgendes: Evolution ist ein kosmischer Prozess, der eine Richtung in der Zeit hat. Und wir sind alle Teil dieses Prozesses. Diese einfache Tatsache hat die Kraft unser Leben zu transformieren, aber es ist schwer, diese Wahrheit auf einer tieferen Ebene zu verstehen. Der Prozess, der uns geschaffen hat, bewegt sich. Wir tendieren dazu, die Welt um uns als statisch zu betrachten. Aber das ist sie nicht. Sie hat eine Richtung. Wir haben eine Richtung. Wenn wir zu dieser Wahrheit alles Manifestierten erwachen, verändert sich die Art und Weise, wie wir die Welt um uns und unseren Platz darin sehen. Der grösste und wichtigste Teil dieses Erwachens besteht darin, dass wir unsere Fähigkeit entdecken, die Richtung des Prozesses, der uns geschaffen hat, zu beeinflussen. Wir erkennen den letztendlichen Sinn unserer eigenen Existenz: ein spiritueller Held zu sein und mutig Verantwortung für die Zukunft dieses Prozesses zu übernehmen.

Andrew Cohen

Mittwoch, 1. Juni 2011

Die Psychotricks der Seelenfänger

1. Du steckst in einer Krise, du hast Probleme.
Orientierungslosigkeit macht empfänglich für neue Wege. Und der Persönlichkeitstest von Scientology ist z.B. so angelegt, dass jeder sich Defizite eingestehen muss. Meist in der Kommunikation, der Selbstwahrnehmung oder der Durchsetzungsfähigkeit.

2. Wir haben die Lösung.
Das Ziel ist die spirituelle Vervollkommnung und Freiheit. Sekten sind immer masslos, sie versprechen Überfluss, Perfektionierung und Wachstum ohne Ende. Bis zur Unsterblichkeit in einer anderen Welt reichen die Verlockungen.

3. Sie berufen sich auf höhere Mächte.
V.a. bei Gruppen, die Erleuchtung oder ein neues Bewusstsein versprechen, fällt das nicht schwer. Der Meister oder die Meisterin ist meist im direkten Kontakt mit Gott bzw. der höchsten Bewusstseinsebene.

4. Das überwältigende Gemeinschaftsgefühl der Rituale.
Musik, Dunkelheit, brennende Krezen, Versinken in Meditation - wir erschauern mit allen Sinnen und spüren plötzlich eine jenseitige Wirklichkeit. Gerade am Anfang sind die Menschen durch die neuen Erfahrungen euphorisch, vergleichbar mit einer Suchterkrankung. Sie wollen mehr und mehr und geraten so in den Sog des Rausches. Die Lust am Bösen paart sich mit derm Gefühl der völligen Entgrenzung, alle Werte sind entwertet. Mit magischen Ritualen steigert sich dieses Erleben bis zur Extase.

5. Bei uns bist du geborgen.
Wer sich einsam und verloren fühlt, findet plötzlich Halt.

6. Nur viele Stufen führen zum grossen Ziel.
Denn natürlich dürfen Mitglieder niedriger Ränge stets nur einen kleinen Teil des grossen Wissens erblicken. Und wenn man scheitert, dann liegt das nie am System, sondern am Gescheiterten selbst. Er bemüht sich nicht genug, glaubt nicht genug. Und eigentlich sollte eh niemand die Bewusstseinsstufe des Meisters erreichten. Er bleibt das unerreichbare Vorbild.

7. Gegenseitige Bespitzelung.
So entsteht ein ständiges Klima der Angst. Verkauft wird das alles als Sorge ums Seelenheil der Betroffenen und um den Zusammenhalt der Gruppe. Jeder Abweichler verrät die absolute Wahrheit. Um das versprochene Ziel zu erreichen, muss man sich von altem Ballast lösen. Auch von Menschen.

8. Wir sind die Auserwählten.
Wir sind unfehlbar. Einzig wer der richtigen Lehre folgt, wird ein "Clear" (Scientology) oder das Weltende überleben, etc.

9. Symbole schweissen verschwörerisch zusammen.
Opfer verfallen den Versprechen, glauben bedingungslos an die vermittelte Wahrheit, sehen Kritik als Verleumdung, brechen alte Kontakte ab, verlieren ihre Selbständigkeit. Sie sind bereit für die Gehirnwäsche.

10. Seelenfänger programmieren das Gehirn um.
Aus der Psychologie kommt das Verfahren der Konditionierung. Bestimmte Reize, z.B. die Stimme des Gurus, sollen Euphorie auslösen. Kaum beginnt das geheimnisvolle Ritual, strömt das Glücksgefühl. Und nur in der Gemeinschaft funktioniert das versprochene neue Bewusstsein.

Ein gefährlicher Weg in die Willenlosigkeit. Im Extremfall führt geballte Psychomanipulation zu Handlungen, die mit normalem Menschenverstand nicht mehr nachvollziehbar sind. So kommt es z.B. immer wieder zu Massenselbstmord. Einer der spektakulärsten Fälle ist das "Finale" des Peoples Temple. 1978 bringen sich auf Geheiss von Sektenführer Jim Jones 900 Menschen im Urwald von Südamerika um. Oder die japanische Aum Sekte wollte den herannahenden Weltuntergang beschleunigen, indem sie in der U-Bahn von Tokjo Giftgas freisetzte.

Nun sollen aber nicht alle neuen religiösen Gemeinschaften verteufelt werden. Andere Religionen können den eigenen Horizont erweitern. Und wenn wir genau hinschauen, so sehen wir, dass auch die etablierten Konfessionen des Christentums extremistische Züge haben. Darum sollte man nicht alles Neue, Andere und Fremde ablehnen. Aber man sollte genau hinschauen, ob sich nicht sektenähnliche Strukturen aufbauen.

Die gefährlichsten Psychotricks der Welt - Sekten, Gurus, Seelenfänger, in: Hörzu Wissen, Nr. 3 Juni/Juli 2011.