Samstag, 11. Juni 2011

Gott wirkt nicht von aussen, sondern im Innern der Welt!

Was wär ein Gott, der nur von aussen stiesse,
Im Kreis das All am Finger laufen liesse!
Ihm ziemt's die Welt im Innern zu bewegen,
Natur in sich, sich in Natur zu hegen.
So dass, was in Ihm lebt und webt und ist,
Nie seine Kraft, nie seinen Geist vermisst.
Im Innern ist ein Universum auch;
Daher der Völker löblicher Gebrauch,
Dass jeglicher das Beste, was er kennt,
Er Gott, ja, seinen Gott benennt,
Ihm Himmel und Erde übergiebt,
Ihn fürchtet und wo möglich liebt.
(Goethe, 'Gott und Welt')

Gott "wohnt" nicht neben der Welt, denn er ist,
"das, was die Welt im Innersten zusammenhält." (Goethe)
Gott ist "die in allem wirkende Kraft."

Wäre Gott mit der Welt identisch, dann hätten die naturalistisch-materialistischen Atheisten recht, für die eben die grundsätzlich messbare Welt das einzige ist. Gott ist "die in allem wirkende Kraft", aber nicht als messbare oder mathematisch berechenbare Grösse, sondern als "Meta-Kraft", als Tiefen(dimension).
Gott ist die Kraft, "von der und durch die und zu der alle Dinge sind." (Römer, 11,36)
"Nichts ist so klein, Gott ist noch kleiner, nichts ist so gross, Gott ist noch grösser." Matrin Luther
Offensichtlich überlässt Gott der Natur und den geistigen Wesen einen Spielraum der Freiheit, sich zu entfalten. Durch seinen Geist wirkt er auf den menschlichen Geist ein, wobei wir die Freiheit haben, uns seinem "Willen der Liebe" zu entziehen, aber auch die Freiheit, uns von ihm erneuern und motivieren zu lassen.
Wirkt Gott darüber hinaus auch auf das Geschehen in der Natur ein? - Wir sollten Abschied nehmen von der Auffassung, Gott würde hier und dort "supernatural", mirakulös eingreifen, indem er die Naturgesetzte und die Regeln des menschlichen Seelenlebens unterbricht.
Gottes Wirken in der Welt bleibt unbegreiflich. Als Vorzeichen und Zielpunkt darf aber geglaubt werden: "Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes." (Römer, 8,39) Wir bleiben in Gottes Hand.
Gott ist kein Faktor neben anderen, sondern die Tiefe in allem. Diese gläubige Auffassung ist das Gegenstück zur atheistisch-naturwissenschaftlichen Sicht, wonach, dass Universum spontan aus sich selbst heraus entstanden ist.
Die Religion versucht auf die Frage nach dem Ganzen dem Menschen eine umfassende Antwort zu geben. Der christliche Glaube sieht in dem Gott, der "Wille der Liebe" ist, den wahren Sinn des Daseins und die einzige Zukunft von allem.
"Gott wohnt, wo man ihn einlässt." Martin Buber
An einen Schöpfer der Welt glauben, heisst vertrauen, dass Welt und Menschen nicht im letzten Woher unerklärlich bleiben. Dass Welt und Mensch nicht sinnlos aus dem Nichts ins Nichts geworfen sind. Dass sie trotz allem Sinnlosen und Wertlosen als Ganzes sinnvoll und wertvoll sind, nicht Chaos, sondern Kosmos: weil sie in Gott, ihrem Urgrund, Urheber, Schöpfer, ihre erste und letzte Geborgenheit haben. (Hans Küng)

Zwei interessante Artikel zum Thema, die hier ausschnittweise wiedergegeben wurden, sind im Heft 'Freies Christentum - Auf der Suche nach neuen Wegen' Nr. 6, 2010 zu finden: 'Wo wohnt Gott?' von Andreas Rössler (S.141-143) und 'Nicht Chaos, sondern Kosmos' von Werner Zager (S.144-151). Schliesslich wird im gleichen Heft eine Zusammenfassung der Jahrestagung 2010 des 'Bundes für freies Christentum' zum Thema "Gott im Werden der Welt. Moderne Naturwissenschaft und liberale Theologie im Gespräch." (S. 154-159) gegeben. Diese empfehlenswerte Zusammenfassung kann auch auf der Homepage des Bundes für freies Christentum unter der Rubrik 'Bericht von der Tagung in Arnoldshain 2010' nachgelesen werden.

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