Transformation ist ein Wandel im religiösen Bewusstsein, der mit einer radikalen Neuorientierung im Leben einhergeht. Im Folgenden ein paar wichtige Dimensionen der Transformation:
Erfahrung (Achtsamkeit des Seins): vom Unbewussten zum Bewussten
Einstellung (emotionaler Grund): von der Angst zum Vertrauen
Werte (Ideale): von egoistischen Gründen zum grösseren Guten
Perspektiven (Standpunkte): von fixiert zu flexibel
Glaube (Gedanken und Konzepte): von mentalen Gewohnheiten zu Erfahrungen von Wahl und Selbstwirksamkeit
Absichten (zielgerichtete Wahrnehmung): von Unentschlossenheit zur Klarheit des Ziels
Engagement (anhaltende Hingabe): vom Vielleicht zum Versprechen (vom "vielleicht, je nach Umstände" zu "egal was passiert")
Verantwortung (Wer ist die Ursache?): vom machtlosen Opfer zur Akzeptanz des Selbst als wirksamen Akteur
Kreativität (wahrer Selbstausdruck): vom mechanischen Verhalten bestimmt durch externe Ursachen zu inspirierten Einsichten und sebst-generierten Aktionen.
Spirituelle Transformation sollte uns zu einem tieferen Gefühl des Selbst, Ganzheitlichkeit und Verbundenheit führen. Eine klarere Vision des Möglichen sollte uns zu einer grösseren Akzeptanz und Wertschätzung für die Welt, wie sie wirklich ist, befreien. Transformation ist dabei ein lebenslanger Prozess, der uns immer wieder vor die Wahl stellt. Transformation ist ein spiritueller Tanz zwischen Gnade und Wahl. Was die Gnade betrifft, über sie haben wir keine Kontrolle. Sie ist die Gunst gewährt vom Göttlichen. Entsprechend ist für Transformation wichtig, dass wir selber aktiv werden, um unserem Leben eine neue Orientierung zu geben. Helfen kann dabei dennoch eine entspanntere Einstellung zum Leben, "letting go" und Vertrauen haben in die natürlichen Prozesse des Lebens!
Die Psychoanalyse zeigt, dass es neben dem bewussten Sein auch noch das Unbewusste gibt. Dieses Unbewusste wird auch als der "Schatten" bezeichnet. Wir sind zerbrechliche Lebewesen, besonders als kleines Kind. Als Kleinkind sind wir oft Ungewissheiten und Gefahren ausgeliefert. Wir erfahren Furcht, Scham, Ärger, Schuld und andere bedrohliche und unangenehme Emotionen. Und weil sie so unangenehm sind, diese Emotionen, verdrängen wir sie tief in unser Unbewusstes und hoffen, dass sie dort vergessen bleiben. Im Laufe des Älterwerdens bauen wir immer komplexere Verdrängungsmechanismen und hoffen, dass wir von diesen "negativen" Gefühlen befreit bleiben.
Das Ego fühlt sich von diesem "Schatten" bedroht. Neben verdrängen ist Projektion die andere Alternative. Die dunklen Triebkräfte werden auf andere Personen projeziert. So wird unsere Welt zu einer bedrohlichen Welt. Das Böse ist überall. Auch Ideologien und religiöse Dogmen sind das Produkt solcher Kräfte. Helfen sie uns doch etwas Ordnung in unserer psychischen Welt aufrecht zu erhalten. Das Ich versucht alles, um diese wilde Natur zu kontrollieren. Aber jede Projektion des Egos stärkt erst recht den so gefürchteten Schatten. Anstatt unsere Lebenserfahrungen in unsere Psyche zu integrieren, stossen wir diese in den Schatten des Unbewussten. Wir bilden "Masken", auch Persona genannt, die wir den anderen zeigen. Wir versuchen so ein Bild von uns der Welt zu präsentieren, wie wir uns wünschten selbst zu sein. Aber der Versuch sich selber zu belügen, macht die Sachen nur noch schlimmer!
Die "Schattenarbeit" besteht nun darin, solche verdrängte Teile unserer Psyche wieder in das Licht unserer bewussten Wahrnehmung zu bringen. Sie kann auch als "Seelenarchäologie" bezeichnet werden. Psychospirituelle Integration ist ein wichtiger Teil der Transformation. Die inneren Dämonen sollten an die Oberfläche gebracht werden. Wir sollten das Verdrängte anerkennen, annehmen und selbst lernen es zu lieben. Neben dem Schatten, können aber auch verschüttete Ideale zum Vorschein kommen. Schliesslich sollte Integration die Psyche ganz machen. In der Transformation wird der Schatten (was wir fürchten und abwehren) mit dem Licht (was wir bewundern und ausstrahlen wollen) vereint. Uns mit unseren tiefsten Ängsten auseinanderzusetzen, kann helfen unser hellstes Licht zum strahlen zu bringen. Wir können lernen unsere ganze Humanität zu entfalten und die Macht der Transformation, die Macht von Liebe, Mitgefühl und von Weisheit zu erfahren. Bewusstsein weiterzuentwickeln und Emotionen zu heilen sind das Kraftzentrum um spirituell zu wachsen. Unser Wille uns bewusst zu entwickeln ("conscious evolution") kann den Transformationsprozess stärken. Dies kann helfen, dass wir sowohl uns selbst dem "Prozess" mehr verpflichtet fühlen, wie auch zum inspirierenden Vorbild für andere werden. Bewusst verändern wir die Perspektive und lernen die Welt aus der Sicht der anderen zu sehen. Es ist die Vision von einer Welt jenseits von Gier und Angst. Wirkliche Integration bedeutet letztlich aber die Fragmentiertheit unserer selbst und der Welt zu akzeptieren.
Der Text zum Thema "Transformation" ist eine Zusammenfassung der beiden letzten Kapitel von "Consciousness from Zombies to Angels - The Shadow and the Light of Knowing Who You Are", von Christian de Quincey (Park Street Press, Rochester, 2009). In diesem Buch setzt sich de Quincey ausführlich mit dem Phänomen "Bewusstsein" auseinander. Er zeigt wie die Philosophie nach dem "Was" des Bewusstseins fragt. Was ist Bewusstsein? Wie die Wissenschaft mit dem "Wie" beschäftigt ist. Wie funktioniert Bewusstsein? Und schliesslich wie die Mystik nach dem "Warum" fragt? Warum ist Bewusstsein von Bedeutung? - Dabei ist das Bewusstsein für die Philosophie eines der schwierigsten Probleme, stellt für die Wissenschaft die Spitze der Forschung dar und ist für die Spiritualität eines der tiefsten Mysterien. Mit seinem panpsychistischen Ansatz, d.h. dass Geist (neben Materie) überall ist, kann de Quincey immerhin etwas Hoffnung machen, was ein eventuelles Weiterleben nach dem Tode anbelangt. Wenn Bewusstsein mehr ist als die Chemie der Nervenzellen im Gehirn, dann ist es auch möglich, dass eine Seele grösser sein kann als der Leib!
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