Freitag, 30. April 2010

"Das Abenteuerland", nach Immanuel Kant

"Das Land des reinen Verstandes ist eine Insel. Und durch die Natur selbst in unveränderliche Grenzen eingeschlossen. Es ist das Land der Wahrheit, umgeben von einem weiten und stürmischen Ozean, dem eigentlichen Sitz des Scheins, wo manche Nebelbank und und manches bald wegschmelzende Eis neue Länder lügt und indem es dem auf Entdeckungen herumschwärmenden Seefahrer unaufhörlich mit leeren Hoffnungen täuscht, ihn in Abenteuer verflechtet, von denen er niemals ablassen und sie doch auch niemals zu Ende bringen kann." Kant, KrV.
Das Land ist unsere Welt der empirischen Dinge. Der Erscheinungen, die mit den Sinnen erfasst werden können. Hier hat der Verstand aber seine Grenze erreicht. Der Ozean aber ist die Welt des Dinges an sich. Die Vernunft kann mit einer nicht-abnehmbaren Brille verglichen werden. Und wir können die Welt nur durch diese "Verstandes-Brille" wahrnehmen. Wie die Welt aber wirklich ist (an sich ist, also jenseits der Prägung der Wahrnehmung durch die Kategorien unserer Vernunft), wissen wir nicht...
Die Vernunft wird von Fragen bedrängt, die sie nicht abweisen kann, aber auch nicht beantworten kann, denn sie übersteigen alles Vermögen der menschlichen Vernunft. Gemeint sind damit auch die Antinomien (Widersprüche), die zu Aporien (Ausweglosigkeiten) des Verstandes werden. Konkret: Ist die Welt z.B. in Raum und Zeit begrenz oder unbegrenzt? Hat sie einen Anfang und ein Ende oder nicht? Besteht die Welt aus kleinsten unteilbaren Teilchen oder ist sie im kleinsten immer weiter teilbar? Kant macht uns die Offenheit und Unabschliessbarkeit allen Wissens deutlich! Kant plädiert auch für Gott, macht aber klar, dass die Existenz Gottes rational nicht bewiesen werden kann. Versucht der Mensch das "Absolute", das "Unbedingte" genauer zu verstehen, verwickelt er sich in Widersprüche. 
Zur Überwindung der Skepsis bedarf es aber des Glaubens an ein Ideal, an ein höchstes Gutes, an einen Gott. Gott, Freiheit und Unsterblichkeit sind Postulate, können aber nicht bewiesen werden. Unsere Pflichten als Gebote Gottes aufzufassen und unsere Versuche nach moralischer Vervollkommnung - als Endzweck der Schöpfung - drücken eine Zuversicht aus, dass unsere praktischen Bemühungen um das Gute letztlichendlich nicht vergebens sein werden.

3 Kommentare:

  1. Kant hat zweifellos wesentliches zur Philosophie beigetragen, doch sein Zugang zur Metaphysik beinhaltet eine sehr eingeschränkte, weil auf Erkenntnistheorie gründende Perspektive. Nimmt man - wie er - eine erkenntnistheoretische Sicht ein, dann erscheint jeglicher Versuch, das Transzendente wissenschaftlich (!) beweisen zu wollen, zwangsläufig als ein Schritt ins Leere, weil etwas Transzendentes per se jegliche Empirie überschreitet. Doch diese Sicht ist einseitig, denn Kant (wie überhaupt die gesamte Heerschar der Philosophen) ist niemals der gegenläufigen, ontologischen Frage nachgegangen: Wie muss eigentlich ein Universum aussehen, wenn es auf einem transzendenten Grund basieren soll? Es ist unmittelbar einsichtig, dass ein solches Universum - mit transzendentem Grund - sehr spezifischen Bedingungen genügen muss.
    Wenn es solche Bedingungen gibt, die von ihrem erkenntnistheoretischen Profil her im Raum der Anschauung angesiedelt sind, dann bewegen sie sich naturgemäß in dem von Kant beschworenen "Land des reinen Verstandes" und sind daher auch als solches empirisch prüfbar.

    In dem Buch "Von der Entdeckung Gottes am Rande des Universums" habe ich eine dieser Bedingungen zum Thema gemacht. Bemerkenswert ist, dass unser Universum eben dieser Bedingung empirisch zu genügen - wenigstens näherungsweise.

    Als Einstein Kant vorwarf, er sei suggestiv, hatte er durchaus recht, denn die von Kant eingenommene erkenntnistheoretische Perspektive suggeriert, dass es diese - und nur diese Perspektive gibt. Alles andere wird daher irrtümlich als "Blick von Nirgendwo" (Thomas Nagel) deklassiert. Dem ist aber nicht so...

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  2. Lieber Herr Hansen

    Ich bin Ihren Thesen etwas nachgegangen (inkl. dem frei zugänglichen Material im Netz). Den Gedanken, dass wahre Transzendenz von einem innerweltlichen Standpunkt aus jeglichem Blick entzogen bleiben muss, finde ich interessant. Macht er doch das Geheimnis dieser Welt aus. Was aber meinen Sie mit "Bedingung der Konspirativität"? Mit dem Foucaultschen Pendel wird man vom Rande des Universums aus nichts messen können. Wo soll den der "Rand des Universums" auch sein und was dahinter? Sie haben sicher keinen neuen "Gottesbeweis" gefunden, denn es gibt keine! Wie Kant klar gezeigt hat, kann man Gott rational nicht beweisen und erst recht nicht empirisch. Auf Ihrer Verlagsseite wird angepriesen, dass Sie im Rahmen eines spirituellen Ordens Erleuchtung gefunden haben. Ich bin überzeugt, dass kein Mensch je tiefe mystische Erleuchtungen gehabt hat. Das ist alles Wunschdenken. Und in Ihrem Fall scheint es mir, dass Sie auf gefährliche, sektiererische Weise Leute fangen wollen!

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