Freitag, 9. April 2010

Prozesstheologie und das Theodizee-Problem

Schöpfung findet nicht aus dem Nichts statt. Vielmehr ist die Allmacht Gottes beschränkt. Gott ist das schöpferische Zentrum, das kreativ auf eine bereits bestehende chaotische Urmaterie einwirkt. (In eine ähnliche Richtung geht die Unterscheidung von purusha und prakriti in der indischen Philosophie.) Gott ist das Tao. Gott ist eine geistige Kraft, die zu immer höherer Weiterentwicklung führt. Aber das von Gott Geschaffene besitzt eine eigene Selbständigkeit. Mit jeder Höherentwicklung der Welt steigt auch die Selbständigkeit und die Eigenverantwortung der Welt. Und Werte lassen sich auch für Gott nur über den Umweg der Eigenständigkeit der Geschöpfe schaffen. Aber nicht nur die Fähigkeit zum Guten wächst, sondern auch die Fähigkeit zum Bösen. Das Gute lässt sich nicht ohne die Möglichkeit des Bösen hervorbringen. Ein freier Wille impliziert, dass man sich auch für das Falsche entscheiden kann. Gott ist mächtig, aber nicht allmächtig. Leid und Übel werden als Folge der Eigenständigkeit der Materie gesehen. Klassische theologische Alternativen für das Theodizee-Problem wären, das Leid als Strafe (Erbsünde: kollektiv, Karma: individuell), als Prüfung oder einfach als unerklärlich zu sehen. Aber egal welcher Blickwinkel gewählt wird, im Leiden muss an Gott festgehalten werden.

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Ist die Emergenz des menschlichen Bewusstseins zu Selbstbewusstsein und damit zum Bewusstsein von Gut und Böse gleich einer Strafe, wie der Vertreibung aus dem Paradies? Oder kommt die Grösse Gottes in einer völlig lebendigen Menschheit zum Ausdruck?

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