Sonntag, 6. Juni 2010

Dämonisch?

Sinnbild der Dämonie

"Auf einer Lichtung hat ein Rebhuhn sich in der Drahtschlinge eines Wilderers verfangen, und man sieht, wie es an der Schlaufe zerrt, aus der es entkommen möchte. Aber je mehr es das versucht, je mehr es scharrt, mit den Flügeln schlägt, zieht die Schlinge sich nur noch fester zusammen. In diesem Moment kommt der Wilderer zu seiner Beute, und das Tier zieht sich zu Tode. [...] [Ähnlich] zappeln die Menschen in den Schlaufen, die ihnen gelegt wurden, mit einer tödlichen Angst, sie möchten eine Freiheit, an der sie zugrunde gehen, weil es für sie kein eigenes Entrinnen gibt." (Drewermann, 2010: 82)
"Am Ende der Paradieserzählung nehmen die Menschen, [...] Gott nur noch wahr mit Blick auf die Kerube [Wächterengel], die am Paradieseingang mit einem Flammenschwert dastehen. Soll heissen: Wenn die Menschen voller Sehnsucht zurückschauen, im Gefühl, es stimmt nichts, es müsste anders sein, es ist so deutlich, wie man richtig leben könnte, aber es ist wie verloren, man findet den Zugang dahin nicht - dann wird immer wieder das Bild jenes Gottes hinter dem Flammenschwert auftauchen, ein richtender Gott, ein strafender Gott, ein gestrenger Gott, einer der den Menschen verstösst und immer wieder von sich wegtreibt. (Drewermann, 2010: 80f.).

Ein Gott ohne Angst

Jesus wollte jedoch das Bild Gottes entängstigen. Die ganze Exzentrik der Angst, die zentrifugale Kraft dieser Schleuderbewegung nach draussen, sollte zur Ruhe kommen. Von der Angst weg ins Vertrauen, das wäre die Rettung.
"Das Unglaubliche müsste geschehen: Das Rebhuhn müsste glauben, dass der Wilderer kommt, um es aus der Schlinge zu holen. Dieses schier Unmögliche müsste es glauben. Es wäre das erste Mal, dass jemand kommt, der die Schlinge löst. Das Angstobjekt selber käme zur Befreiung - das ist die Paradoxität der ganzen Botschaft Jesu. Er bringt Gott in die menschliche Geschichte zurück als jene Grösse, vor der man nicht mehr fliehen muss." (Drewermann, 2010: 82).
"Was wir mit Sinn verbinden, ist ein Erfahrungsraum der Liebe. Das ist es eigentlich, was wir mit Schöpfung umschreiben: Die Dinge, die es gibt, verdienen, geliebt zu werden. Und wenn man in diesem Raum der Liebe eintritt, erlebt man das, was man Gott nennt. Plötzlich hat man völlig andere Handlungsanweisungen, völlig andere Evidenzen für das, was man tun sollte. Das ganze Gefüge, das die Natur uns sonst aufträgt [Darwinismus und Sozialdarwinismus mit dem "Kampf ums Dasein"], ist das Nebensächliche. So mag sie funktionieren, aber so dürfen wir nicht handeln, das ist klar. Das wäre ein Rückfall in die Barbarei. Es ist die Evidenz des Schöpfungsglaubens, der uns sagt: Alles, was existiert, ist überhaupt nur denkbar in einem Raum der Wahrnehmung von Liebe. An Gott glauben wir einzig, wenn und weil wir etwas lieben; daraus ergeben sich Sinnevidenzen, Perspektiven von Hoffnung, Beziehungen des Vertrauens, und darin zu leben heisst, an Gott zu glauben." (Drewermann, 2010: 87)

zitiert aus:
Eugen Drewermann. 2010. Wir glauben, weil wir lieben. - Woran ich glaube. Patmos, Ostfildern.

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Das Gleichnis vom vierfachen Acker und seine Deutung

Als nun viel Volk zusammenkam und Leute aus allen Städten ihm zuströmten, sprach er in einem Gleichnis: Der Sämann ging aus, seinen Samen zu säen. Und beim Säen fiel etliches auf den Weg und wurde zertreten, und die Vögel des Himmels frassen es auf. Anderes fiel auf Fels, ging auf und verdorrte, weil es keine Feuchtigkeit hatte. Anderes fiel mitten unter die Dornen, und mit ihm wuchsen die Dornen und erstickten es.
Wieder anderes fiel auf guten Boden, ging auf und brachte hundertfach Frucht. Als er dies gesagt hatte, rief er: Wer Ohren hat zu hören, der höre! [...]
Das Gleichnis aber bedeutet dies: Der Same ist das Wort Gottes. Die auf dem Weg sind die, welche es hören. Dann kommt der Teufel und nimmt das Wort aus ihren Herzen, damit sie nicht zum Glauben kommen und gerettet werden. Die auf dem Fels sind die, welche das Wort höhren und freudig aufnehmen. Doch sie haben keine Wurzeln: Eine Zeit lang glauben sie, in der Zeit der Versuchung aber fallen sie ab. Das unter die Dornen Gefallene, das sind die, welche es gehört haben und dann hingehen und von Sorgen und Reichtum und Freuden des Lebens erstickt werden und die Frucht nicht zur Reife bringen. Das auf dem guten Boden, das sind die, welche das Wort mit rechtem und gutem Herzen gehört haben, es bewahren und Frucht bringen in Gedult. Lukas, 8: 4-15

Man sieht nur mit dem Herzen gut. Antoine de Saint-Exupéry

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