Montag, 21. Dezember 2009

Angestrahlt vom ewigen Licht

In diesem Posting möchte ich einmal nicht so weit fortschweifen. Sondern vielmehr mich mit einer Predigt von Pfarrer Ruedi Wöhrle von der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Zürich-Albisrieden mehr im Detail beschäftigen. Also so zu sagen schauen, was vor meiner Haustüre religiös so los ist. Die langen Zitate machen klar, dass mich die Predigt sehr angesprochen hat. Auch wenn ich mit ein paar längeren dogmatischen Formulierungen nicht einverstanden bin.

"Antwort auf die tiefsten Fragen des Menschseins geben: Hat mein Leben einen Sinn, eine Bedeutung? Was ist der Sinn meines Lebens? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Komme ich überhaupt irgendwoher und komme ich irgendwann an ein Ziel, nachhause? Bin ich verloren in der Unendlichkeit eines letztlich sinnlosen, gefühllosen, bewusstlosen Universums - ein zufälliger Splitter in einer riesigen Masse, oder bin ich aufgehoben in und mit einem sinnvollen, zielgerichteten Kosmos - Teil eines grossen, zusammenhängenden Ganzen? [...]
Diese Welt ist die Schöpfung eines bewussten Willens nach einem weisen, wunderbaren Plan, der am Ende vollendet wird. Wir sind getragen von einem Ewigen, der uns geschaffen hat und der uns am Ende erwartet.
Gott, der Ewige, Unendliche, Unfassbare, den wir nie begreifen, sondern nur anrufen und anbeten können hat nach einem Urplan und Urbild, das wir in einem Geheimnis empfangen können, alles geschaffen. Christus, [...] das Urgeheimnis der ewigen Liebe, die sich selbst verschenkt, ist der Plan der Schöpfung. [...] Es gibt nichts und niemand, den er nicht als zu ihm gehörig sehen möchte. [...] Die ganze Welt ist getragen von einem bewussten Geist. [...] Wenn er seinen Atem zurückzieht, versinkt alles ins Nichts. [...]
Aber ich selbst werde in dem Kind in der Krippe zum Kind Gottes, das unwiderruflich zu ihm gehört und das er durch Christus trägt. Ich bin angenommen, aufgehoben bei ihm. [...] Durch Christus [als göttlichem Vermittler] liegt auch auf uns etwas vom Abglanz der ewigen Herrlichkeit Gottes, von seinem Licht. [...] Gott ist nicht allein. Gott hat ein Gegenüber. Und er macht uns zu seinem Gegenüber in Liebe. Geschaffen in seinem Bild, angestrahlt von seinem Licht, wiederspiegeln wir etwas von seiner Herrlichkeit und werden ihn am Ende schauen von Angesicht zu Angesicht. [...]
Aber nun geht durch die Welt ein unendlich schmerzlicher Bruch. Wir erfahren Lieblosigkeit und werden verwundet. Wir machen uns selber schuldig durch Lieblosigkeit. Die wunderbare Christus-Harmonie, der Friede, der göttliche Schalom wird gestört, und wir stören ihn auch. Wir haben all das Böse und all das Leiden in der Welt. Und wir können nicht alle Fragen beantworten. Wenn es keinen Gott und keinen Plan gibt, dann ist alles sinnlos. Und die Mörder und Diktatoren haben schlussendlich das bessere Los gezogen als ihre Opfer. [...]
Wenn aber Christus das All trägt, dann geht diese Welt auf ihr grosses Ziel, auf ihre Vollendung zu und wir kommen auch an unser Ziel. Wir können zwar im Moment oft unseren Weg, unser Schicksal nicht verstehen. Aber wir glauben von der Christus-Tat und vom Christus-Mysterium von Kreuz und Auferstehung her [aber bitter nur symbolisch verstehen!], dass Gott zuletzt auch über alles Schlechte oder Böse triumphiert. [...] Wir haben sehr oft nicht die Wahl unser Schicksal zu ändern. Aber wir haben die Wahl, wie wir damit umgehen.
[Der nächste Absatz ist für mich ziemlich diffus oder wollen wir sagen "poetisch". Aber wer weiss schon wirklich eine einfache Antwort auf das Unheil und das Böse?]
Das Verbrechen, der Unfall, die Krankheit trifft mich - je nachdem habe ich einen gewissen Anteil daran. Aber ob ich bitter werde oder ob ich mit Christus die Wunde und den Schmerz annehme und mich in seine Liebe hinein gebe, die mich trägt, - es sind ja die Hände des Gekreuzigten und Auferstandenen mit den ewigen Wundmalen, die mich tragen - ob ich das tue, und so die Kraft seiner Liebe und Vergebung empfange, das ist meine Wahl und meine Entscheidung.
Ich kann auch andere beschuldigen für vieles im Leben: in der Familie, am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft: ich das Opfer von dem, was andere tun. Ich bleibe so in meinen Wunden hängen und kann sie das Leben lang lecken und bitter grollen, wüten und auf Rache sinnen. Es hilft mir nichts - ich mache nur mich selber bitter und krank. Christus ist immer da und wartet auf mich: in den Wunden liegt die Heilung zu Liebe und Vergebung. Und realisieren wir es doch: wir erweisen nicht anderen, sondern uns selbst den grössten Dienst, wenn wir ihnen vergeben. Die anderen können vielleicht nicht einmal etwas damit anfangen, wenn wir ihnen vergeben - aber wir selber, wir werden auf jeden Fall durch Vergebung frei.
Wie schlimm ist doch die Bitterkeit - und wie gut tut die Liebe! Warum wählen Menschen dann überhaupt Bitterkeit, Groll und Wut? Weil es besser ist negative Gefühle zu haben als gar nichts zu spüren. So spüren sie sich wenigstens. Es gibt ja Menschen, die sogar sich selbst verletzten um sich zu spüren. Und in Wut und Rachsucht spürt man sogar noch Energie! Und weil man nichts Besseres kennt, bleibt man in der vertrauten bitteren Sosse sitzen. Nach dem Motto, das der Psychologe Watzlwick so formuliert hat: Lieber das bekannte Unglück als das unbekannte Glück. Es braucht Mut, aus diesen Mustern aufzubrechen und den Schmerz der Wunden anzunehmen. Aber der Mut lohnt sich. Wer erfahren hat, wie sehr Liebe und Vergebung Balsam für die Seele ist, wird immer wieder den Weg aus der bitteren Sosse suchen. Es gibt keine grössere Kraft auf der Welt, als die der geheilten Wunden. [...]
In Christus will uns Gott nicht gewaltsam vereinnahmen, sondern unsere Herzen gewinnen.
Aber wir kommen angesichts des Weltgeschehens und der Menschenschicksale auch immer wieder ins Wanken, ob sich denn Gott tatsächlich letztgültig in dieser Welt gezeigt hat. Kriege und Konflikte, akute Krisen, schlimme Ereignisse und Entwicklungen lassen uns immer wieder fragen, wo wir Gottes Gegenwart in unserer Welt festmachen können, und wo wir Gott in unserem persönlichen Leben entdecken können. Nicht jeder von uns geht mit fröhlicher Feststimmung auf die Feiertage zu. Krankheit und Trauer, Sorgen und Ängste, Resignation und erschöpfte Kräfte lassen uns die Gegenwart Gottes zuweilen nur schwer erkennen. [...]
[Die Antwort auf das Theodizee-Problem ist nun einmal mehr die Botschaft der Gewaltlosigkeit, und dann das formelhafte Lob auf unseren Gott Jesus Christus und seine märchenhafte Existenz unter den Menschen!]
Aber so ist es, singt jubelnd der Hebräerhymnus, es ist so, dass Gott diese Welt durchdringt und sie nicht mit brutaler Gewalt, nicht mit der Logik von Vergeltung und Rache, nicht mit den Mitteln von Unterdrückung und Unterwerfung bezwingt, sondern sie von sich selbst erlöst und damit alles zu seinem Erbe[!] erklärt. Es beginnt mit dem Kind in der Krippe, es setzt sich fort im Wirken des Nazareners, es überwindet Leid und Tod in Kreuz und Auferstehung Jesu und setzt sich fort in seinem Geist, mit dem Christus unter uns lebendig ist, seine Welt und unser Leben trägt und zu dem Ziel einholt, das Gott vorherbestimmt hat."

Aus der Predigt am 4. Advent zu Hebräer 1,1-6, Zürich-Albisrieden, 20. Dezember 2009.

Christentum? - Das christliche Ideal ist die Nachfolge Jesu und die entsagungsvolle Hingabe an die himmlische Verheissung. Kurz: Liebe und Harmonie mit Gott und der Welt.

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