Samstag, 14. Mai 2011

Ich glaube an Gott und so weiter ...

"Etwas bleibt aber in all den Fortschritten doch gleich: Ich kann heute nicht wissen, ob ich morgen noch am Leben sein werde. Das Wort "Allmacht" ist nicht sinnlos geworden, denn allem Fortschritt zum Trotz werde ich die Tatsache, dass ETWAS ANDERES als mein Wille den Lauf der Geschichte bestimmt, nicht aus der Welt schaffen.
Es gibt noch andere Wörter für die Erfahrung des Ausgeliefert seins: Schicksal, Zufall, Hexerei, Karma, Teufel. Man kann sich das Unabänderliche ganz verschieden erklären, und vermutlich werden wir hier auf Erden nich endgültig wissen, ob eine dieser Erklärungen wahrer ist als die anderen." (S. 57)
"Alle sind wir Teil eines mächtigen Ganzen, dessen URSPRUNG wir nicht begreifen können." (S. 62)
"Weshalb sollte, was uns das Rätsel unseres bedrohten Daseins in der Welt erklärt, nichts überdreht sein, synkretistisch schön, logikresistent mehrursprünglich zusammengesetzt wie dieses Dasein selbst?" (S. 69)
"Die Welt immer wieder wie neu geboren anzuschauen." (S. 81)
"Die schier unendliche Reihe von Frauen und Männern, die sich für das friedliche Zusammenleben auf der Erde eingesetzt und dafür ihr Leben gelassen haben." (S. 89)
"... beindruckt vom friedlichen und gleichzeitig revolutionären Lebensstil des jungen Rabbi." (S. 91)
"Wenn nur die Gewissheit bleibt, dass die LIEBE, die Jesus, Chebeya und viele andere geleitet hat, immer mehr Angst und Gewalt von der Erde vertreiben wird." (S. 92)
"Buddhismus: Man habe hierzulande verlernt, sich als Teil des Ganzen zu empfinden, in dem nichts verloren gehen kann, weil alles mit allem zusammenhängt. ... Die eigentliche Herausforderung bestehe aber darin, die Gefangenschaft in der eigenen begrenzten Person zu beenden und sich zu öffnen für das grosse Alles in Allem. ... Vielleicht sollte ich mich davon überzeugen lassen, dass nicht die Hoffnung auf ein Weiterbestehen meines geliebten Ich, sondern die Einübung ins Losslassen Erlösung bringt? ...
In der Welt habt ihr Angst. (Joh 16,33)
Das Schaudern vor dem Ende, das aus dem Nichtdenkenkönnen des JENSEITS kommt,  mag eine Schwäche sein. Aber es tut gut, diese Schwäche anzuerkennen. ... Todesangst ist normal." (S. 100-102)
"Wer Ostern vor allem als Hasen- und Eierfest begeht, überlagert Christi Auferstehung mit naturreligiöser Fruchtbarkeitssymbolik." (S. 108)¨
"Die Befreiung von dem Zwang, das Höhere vom Niederen, den Gottesdienst vom Waldspaziergang, GOTT vom Körper der Welt zu trennen, ist selbst eine Auferstehung." (S. 113)
"Die heidnischen Wurzeln des Christentums ... Respekt für jahreszeitliche Zyklen. ... Im frühlingshaften Erwachen der Natur ein Zeichen dafür sehen, dass das Leben stärker ist als der Tod." (S. 116/117)
"[So] scheinen die ersten Christinnen und Christen ihre Umwelt durch eine besondere Lebenspraxis beeindruckt zu haben: nicht das Recht des Stärkeren gab bei ihnen den Ton an, sondern gegenseitige Achtung und Försorge." (S. 123)
"Entmythologisierung: Bezogen auf den Himmel, in den Jesus gefahren ist und aus dem er wieder kommen wird, bedeutet es, dass man ihn "existenzial" auslegen kann: so, dass er nicht mehr im Widerspruch zum modernen wissenschaftlichen Weltbild steht. "Himmel" bedeutet demnach nicht einfach das Blaue oder Graue über uns, sondern einnen ersehnten Raum, in dem Frieden und gute Ordnung ist. Vom "Himmel auf Erden" sprechen wir, wenn es uns, vielleicht nur einen Augenblick lang, ganz und gar wohl ist, bevor dann die Störungen wieder einbrechen: die schlechten Nachrichten, die Schmerzen und Reibereien und der Abgrund des Bösen." (S. 136)
"Merkt: das Reich Gottes ist nämlich mitten unter euch! ...
Immanuel Kant, der fromme Aufklärer, hat GOTT als Postulat der praktischen Vernunft überleben lassen. Ich übersetze mir sein philosophisches Argument so, dass wir ohne die Idee, JEMAND liebe alle Kreaturen gleich, die Welt nicht sinnvoll gestalten können. Der Wunsch, LIEBE möge einmal alles, die ganze Welt bis hinein in die Slums und Müllhalden, neu einrichten, treibt uns aus dem Kreisen um uns selbst ins WEITE." (S. 137)
¨Über die schöpferische GEISTKRAFT von Synkretismen nachdenken." (S. 149)
"Um das erfreuliche Durcheinander doch noch auf eine Einheit hin zu bündeln, hat man den Begriff der "unsichtaberen Kirche" erfunden, aber auch der ist vieldeutig. ... Religiöse Sozialisten denken eher an Leute, die sich nicht als Christinnen verstehen, aber christlich, also in wahrer Nächstenliebe leben, zum Beispiel Kommunisten." (S. 153)
"Die Mitglieder der ersten christlichen Gemeinde in Rom, ... verstanden sich als die Gemeinschaft derer, die sich nach LIEBE ohne Gewalt sehnten, nach HEIL dieseits und jenseits falscher Versprechungen. In diesem Sinne waren sie tatsächlich heilig. ...
Ganz ohne HEIL verlasse ich kaum je eine Kirche, auch wenn sich da vieles mischt: Langeweile, Ehrgeiz, Zynismus mit Andacht, Ruhe und viel Konvetion." (S. 154)
"Und tatsächlich ist es bis zu einem gewissen Grad möglich, an der eigenen Einstellung zur Welt zu arbeiten, zum Beispiel Gier zu begrenzen, Aggression in möglichst lebensfreundliche Bahnen zu lenken, Neid in Schaffenskraft zu verwandeln, sich in allerlei Tugenden zu üben.. ...
Vergebung bedeutet nicht zu vergessen oder das geschehene Unrecht für rechtens zu erklären, sondern einen Neuanfang zu ermöglichen dadurch, dass die Sünderin entlastet wird von der Verantwortung für die beabsichtigten und ungewollten Folgen ihrer Tat. ... Und wenn ich nun nicht in der Lage bin zu vergeben, weil ich zu sehr verletzt wurde oder weil die Sünde sich nicht begrenzen lässt auf einen einzelnen Täter? Weil es sich um das handelt, was Befreiungstheologinnen "strukturelle Sünde" nennen? ...
Es ist möglich, das Unverstandene der EWIGEN zu übergeben." (S. 162/ 163)
"Das Geheimnis des unendlichen Erbarmens jenseits menschlicher Möglichkeiten. ... Immer wieder lässt DAS LEBENDIGE uns von vorne beginnen. Und weil es so ist, könnte es auch für Geborene möglich werden, einander als Anfängerinnen und Anfänger zu würdigen, die mitten in Verstrickung immer neue hoffnungsvolle Zeichen setzen, aus denen MEHR werden kann." (S. 166)
"Ich komme aus einer Matrix, die schon lange vor mir da war. Ich bin in einer Matrix, die ich nur ansatzweise erschliessen und gestalten kann. Ich gehe in eine Matrix, die ich nicht erkenne. Die beste Art, mit so viel Nichtwissen umzugehen, ist Vertrauen." (S. 167)
"Vor Gericht bekräftigt Jesus nun aber noch einmal, dass es ihm darum geht, Gewalt als solche in Frage zu stellen. Mit der anderen Welt, von der er spricht, wäre demnach nicht "das Jenseits" gemeint, sondern eine andere Gestalt des menschlichen Zusammenlebens, in der die Frage, wer über andere herrschen darf, gar nicht mehr gestellt werden muss." (S. 169)
"Anders als die Jenseitsspezialisten akzeptierte sie die Grenzen ihrer Erkenntnisfähigkeit. Was ihr aber oft fehlte, war das Vertrauen, dass ETWAS es schon recht machen würde. Und dieses Vertrauen, dass wir uns getrost um die heutige Welt kümmern können, weil DIE MATRIX sie und alles treu umfängt, kennzeichnet die Frommen. Solches Vertrauen muss sich nicht in detaillierten Kenntnissen über Himmel und Hölle versichern, und auch nicht in einer scheinbar überlegenen kritischen Vernunft. ...
Auch für uns, die wir heute Widerstand leisten gegen Strukturen, die das LEBENDIGE zerstören wollen, ist es wichtig, dass wir den "Mächten und Gewalten" (Röm 8,38) nicht ohnmächtig ausgeliefert sind, sondern von etwas ANDEREM wissen, nämlich vom GLANZ GOTTES: von der Möglichkeit, liebevoll und schön, ohne Gewalt und Ausbeutung zusammen zu leben. Denn nicht aus dem Dagegensein, sondern aus der Erfahrung des GUTEN kommt die Kraft zur Weltgestaltung. ...
Die ersten christlichen Gemeinden ... sie sorgten füreinander, und gerade für diejenigen, die nicht oder nicht mehr dem Massstab des starken Mannes entsprachen: für die Kranken, die Alten und die Sterbenden. ...
Sterbende sorgsam begleiten und der Verstorbenen liebevoll gedenken, das ist es, was wir angesichts des unverstehbaren Todes tun können. ... ein würdiges Sterben und eine sorgfältige Kultur der Erinnerung. ... Sie sind vielmehr die Mitte des christlichen Verhältnisses zum Tod, weil sie dazu beitragen, dass die Welt, die wir verstehen und gestalten können, freundlicher wird. Alles, was ausserhalb dieser Welt liegt, überlassen wir getrost der DER EWIGEN." (S. 171-173)
"Ich glaube an die Vergebung, die einen Neuanfang ermöglicht, an die Lebendigkeit trotz Tod, an Liebe trotz Hass, an Lebenskräfte trotz Krankheit." (S. 175)

Alle Zitate sind aus dem Buch "Ich glaube an Gott und so weiter ... - Eine Auslegung des Glaubensbekenntnisses" von Ina Praetorius, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, 2011.

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"A friendly study of the world’s religions is a sacred duty.” Mahatma Gandhi

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