Donnerstag, 10. September 2009

Entmythologisierung und die Stärke des Christentums

Heute kann wohl kein wissenschaftlich gebildeter Mensch noch unkritisch an das mythische Weltbild der Bibel glauben. Der Anfang der Bibel - der Genesismythos - hat sich als falsch herausgestellt. Das Leben ist im Laufe des Evolutionsprozesses entstanden und nicht in sechs Tagen von Gott geschaffen worden. So wissen wir seit Darwin. Und auch das Ende der Bibel - die Offenbarung des Johannes - ist problematisch. Eine Sprache, die sich Bilder, wie Posaunen, Sigeln, Lämmern und apokalyptischen Reitern bedient, entstammt wohl eher einer Phantasiewelt von Menschen von vor 2000 Jahren, als dass es kommendes Geschehen beschreiben würde. Wenn also weder Anfang noch Ende der Bibel wörtlich zu verstehen sind, warum sollte dann das Mittelstück - die Evangelien über das Leben Jesus - mehr sein, als ein weiterer Mythos, wenn auch ein inspirierender? Die Parallelen mit ägyptischer Mythologie sind eine Tatsache. Wenn auch Christus als Gott der Liebe das Gegenstück zu pharaonischem Machtglanz ist.
Ist es mit Jesus vielleicht also doch etwas anderes als mit dem Rest der Bibel? - Muss ein ausserordentlicher Mensch, ein charismatischer Prophet wirklich gelebt haben? Wie sonst soll sich der ausserordentliche Erfolg des Christentums erklären? Und sind im Falle Jesus nicht die Gesetze der Naturwissenschaft ungültig, so dass er wirklich mit übersinnlichen Kräften heilen und Wunder vollbringen konnte?
Ich bin davon überzeugt, dass die Naturgesetze seit der Entstehung der Welt unverrückbar gelten, und es entsprechend nie irgendwelche Wunder gab! Diese sind wohl eher dem Wunschdenken der Menschen entsprungen. Kein Gott ist Mensch geworden und kein Mensch ist lebendigen Leibes von den Toten auferstanden.
Ist damit nun das ganze Christentum hinfällig geworden? - Nein. Ich glaube vielmehr, dass jetzt erst - befreit von unglaubwürdigen und überkommenen Mythen - der Kern des christlichen Glaubens zu scheinen beginnt! Denn entscheidend ist nicht die Person Jesus, sondern seine Botschaft. Das Christentum ist v.a. eine Religion des Friedens und der Liebe! Und eine solche Religion kann sich im historischen Evolutionsprozess auch in Konkurrenz zu anderen Religionen halten. Denn friedlichere Gesellschaften sind nun mal etwas erstrebenswertes. Der Mensch lebt lieber in friedlichen und liebevollen Beziehungen, als in kriegerischen und gewaltätigen Verhältnissen. Und Friede und Liebe zahlen sich auch ökonomisch aus. Wenn die Menschen freiwillig bereit sind miteinander zu kooperieren und einander Gutes wünschen, prosperiert auch die Wirtschaft. Kurz das Christentum darf sich wohl zu Recht als entscheidende zivilisatorische Macht bezeichnen und als entscheidend mitverantwortlich für die Entstehung der modernen, abendländischen Welt.
Bleibt noch die Frage offen, warum wir weiterhin an einen Gott glauben sollten, wenn er nie Mensch geworden ist, und die Bibel nicht das Wort Gottes ist? - Ich glaube, es ist wohl die Sehnsucht in unserem Herzen, die uns an Gott glauben lässt. Gott hat uns darum den Glauben geschenkt! Gottvertrauen kann so zu einem Grund für Hoffnung und Zuversicht werden.

"Denn auf dich hin hast du uns geschaffen, und unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir!" Augustinus, 'Bekenntnisse'

"Das Wesentliche des Christentums, wie es von Jesus verkündet ist und wie es vom Denken begriffen wird, ist dies, dass wir durch die Liebe allein in Gemeinschaft mit Gott gelangen können. Alle lebendige Erkenntnis Gottes geht darauf zurück, dass wir ihn als Willen der Liebe in unseren Herzen erleben." Albert Schweitzer

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