Donnerstag, 24. Februar 2011

Zivilisation wohin...?

Zivilisation: Gesamtheit der durch den Fortschritt der Wissenschaft und Technik verbesserten materiellen und sozialen Lebensbedingungen.

Bildung und Gesittung

Gesamtheit der in modernen Lebensgemeinschaften erarbeiteten Errungenschaften.

"Es ist ein grosses und schönes Schauspiel, wenn man sieht, wie der Mensch durch seine eigenen Kräfte gewissermassen aus dem Nichts hervortritt; wie er durch das Licht seiner Vernunft die Finsternis, womit ihn die Natur umgibt, zerstreut; wie er sich über sich selbst erhebt; sich mit dem Geiste bis in die Himmelsgegenden schwingt; den ganzen Raum des Weltkreises gleich der Sonne mit Riesenschritten durchläuft; und, was noch grösser und schwerer ist, in sich zurückkehrt, um daselbst den Menschen kennenzulernen und seine Natur, seine Pflichten und seinen Endzweck zu untersuchen.“ (J.-J. Rousseau).

Kultur : „Die Gesamtheit der Lebensformen, Wertvorstellungen und der durch menschliche Aktivitäten geformten Lebensbedingungen einer Bevölkerung in einem historischen und regional abgrenzbaren (Zeit-)Raum. Zur Kultur gehören: alle (von vorausgegangenen Generationen) übernommenen und im Prozess der Weiterentwicklung und Veränderung befindlichen materiellen Gestaltungsformen der Umwelt (Bauten, Werkzeuge, Geräte); das Wissen und die Nutzung von gesetzmässig ablaufenden Naturprozessen einschliesslich des menschlichen Lebens (Wissenschaft und Technik); alle Ideen, Werte, Ideale, Sinngebungen und Symbole; die Methoden und Institutionen des gesellschaftlichen Zusammenlebens.“ (Wörterbuch der Soziologie; Kröner).

„Zivilisierung, also eine individuelle Selbstregulierung momentaner trieb- und affekbedingter Verhaltensimpulse oder deren Umleitung von den primären auf sekundäre Ziele hin und gegebenenfalls auch deren sublimatorische Umgestaltung.“ (Norbert Elias).


Kant: Zum ewigen Frieden

„Dieses Problem ist zugleich das schwerste und das welches von der Menschengattung am spätesten aufgelöst wird:“
Der Mensch wünscht sich als vernünftiges Geschöpf zwar die Errichtung eines Gesetzes, das die Freiheit der Individuen beschränkt, nimmt sich aber gleichzeitig aufgrund seiner Selbstsucht nach Möglichkeiten davon aus. Er braucht daher einen Herrn, der ihn zur Einhaltung des Gesetzes zwingt. Dieses Oberhaupt unterliegt jedoch derselben Selbstsucht, und braucht daher selbst einen Herrn, etc. Diese Aufgabe ist nur als Annäherung, nie vollkommen zu lösen: „Aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden.“ Augrund dieser Schwierigkeit wird das Problem der Kontrolle der letzten und obersten Kontrolleure am spätesten in der Menschheitsgeschichte gelöst. Aber vielleicht wird einmal (in gar nicht all zu ferner Zukunft?) der Problemdruck auf die Menschheit so gross sein, dass es entweder heisst Zusammenarbeit und Frieden finden oder aussterben!
„Das moralisch Böse hat die von seiner Natur unabtrennliche Eigenschaft, dass es in seinen Absichten ... sich selbst zuwider und zerstörend ist und so dem (moralischen) Prinzip des Guten, wenngleich durch langsame Fortschritte, Platz macht.“
Selbst ein Volk von Teufeln ist zum Frieden fähig. Die Aufgabe lautet: „Eine Menge von vernünftigen Wesen, die insgesamt allgemeine Gesetze für ihre Erhaltung verlangen, deren jedes aber insgeheim sich davon auszunehmen geneigt ist, so zu ordnen und ihre Verfassung einzurichten, dass, obgleich sie in ihren Privatgesinnungen einander entgegenstreben, diese einander doch so aufhalten, dass in ihrem öffentlichen Verhalten der Erfolg eben derselbe ist, als ob sie keine solche böse Gesinnungen hätten.“ Konkret bedeutet dies heute, dass der Staat das Gewaltmonopol haben muss, und dass er rechststaatlich und demokratisch organisiert sei. Schliesslich gehören auch die Gewaltenteilung und der Wohlfahrtsstaat als entscheidende Elemente mit dazu.
„Man kann die Geschichte der Menschengattung im Grossen als die Vollziehung eines verborgenen Plans der Natur ansehen, um eine innerlich- und zu diesem Zweck auch äusserlich-vollkommene Staatsverfassung zustande zu bringen, als den einzigen Zustand, in welchem sie all ihre Anlagen in der Menschheit völlig entwickeln kann.“ Die Kultivierung und Zivilisierung muss durch eine Moralisierung gefolgt sein. Dafür ist eine lange Formung jedes Gemeinwesens zur Bildung seiner Bürger erforderlich. Es ist die Aufgabe des Menschen sich als moralisches Subjekt zu gewinnen, d.h. er steht in der Pflicht, zu sich als Endzweck fortzuschreiten. Die Schrift Kants "Das Ende aller Dinge" erklärt, dass die Bedeutung des Christentums v.a. in seiner moralischen Rolle liegt. Die Religion soll helfen auch noch die Herzen zu gewinnen, wo schon der Verstand die Moral eingesehen hat. Die moralische Besserung und Vervollkommnung der Menschheit ist der Endzweck aller Dinge! So sollte auch der Weg freiwerden für das "Reich Gottes" auf Erden - als umfassende Friedensvision.


Max Weber: Der Antrieb des Zivilisationsprozesses

Der Antrieb des Zivilisationsprozesses ist letztlich das Problem der Theodizee, die einem rationalen Bedürfnis folgt und Rationalisierung in Gang setzt: „Stets steckte dahinter eine Stellungnahme zu etwas, was an der realen Welt als spezifisch „sinnlos“ empfunden wurde und also die Forderung: dass das Weltgefüge in seiner Gesamtheit ein irgendwie sinnvoller „Kosmos“ sei oder: werden könnte und sollte.“
„Niemand weiss noch, wer künftig in jenem Gehäuse wohnen wird und ob am Ende dieser ungeheuren Entwicklung ganz neue Prophetien oder eine mächtige Wiedergeburt alter Gedanken und Ideale stehen werden, oder aber – wenn keins von beiden – mechanisierte Versteinerung, mit einer Art von krampfhaftem Sich-wichtig-nehmen verbrämt. Dann allerdings könnte für die „letzten Menschen“ dieser Kulturentwicklung das Wort zur Wahrheit werden: „Fachmenschen ohne Geist, Genussmenschen ohne Herz: dieses Nichts bildet sich ein, eine nie vorher erreichte Stufe des Menschentums erstiegen zu haben.“



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