Freitag, 5. Juni 2009

Der Lastcharakter des menschlichen Daseins und die Religionen

Für Heiegger steht der Lastcharakter des menschlichen Daseins im Zentrum seiner Daseinsanalyse. Wie gehen nun die verschiedenen Weltreligionen mit dieser Last des Daseins um?

Der Taoismus versucht eine positive Haltung dem ewigen Wandel abzugewinnen. Und wir sollten versuchen mit dem Fluss der Dinge zu gehen (wu-wei) und darauf vertrauen, dass es einen gangbaren "Weg" (tao) gibt. Letztes Ziel ist die ursprüngliche Einheit jenseits aller Gegensätze. Die Welt, durch die taoistische Brille gesehen, ist gar nicht so sauer und bitter, sondern vielmehr süss.

Der Buddhismus geht hingegen am klarsten auf die Grundstimmung der Last ein. Er akzeptiert, dass Meschsein leiden heisst. Die religiöse Antwort darauf sind "die vier edlen Wahrheiten". Was ist das Leiden? - Alter, Krankheit und Tod. Wie entsteht das Leiden? - Durch Lebensdurst, durch Haften an den Dingen, durch Gier, Hass und Verblendung. Und schliesslich wird auch ein Weg aufgezeigt, wie das Leiden überwunden werden kann. Durch Aufgeben des Begehrens, die vernünftige Mitte - weder Genusssucht noch Askese. Wissen und Ethik gehören ebenso zu diesem Ausweg, wie auch die Meditation. Die Meditation soll einem helfen die ruhelosen Gedanken unter Kontrolle zu bringen. Indem man einfach nur sitzt und vergisst (Zazen).

Auch im Hinduismus gibt es die Möglichkeit, ähnlich wie im Buddhismus, über verschiedene Leben hinweg - Moksha - Befreiung, aus dieser Welt des Leidens zu erlangen. Wichtig hierfür ist, dass persönliche Karma Runde um Runde zu verbessern. Bis dann schliesslich das Aufgehen in der grossen Alleinheit der Welt (brahman) möglich wird. Die vier klassischen Wege zum Heil sind jnana-yoga (Erkenntnis), karma-yoga (Werke), bhakti-yoga (Gottesliebe) und raja yoga (Meditation). Erkenntnis bedeutet, die Illusionsnatur der Welt zu erkennen (maya) und die "himmlische (All-)Einheit" dahinter. Dies ist der Weg des Wissens. Mit Werken ist nicht nur rituelles-brahmanisches Handeln gemeint, sondern auch soziales und religiöses Handeln. Es ist die Erlösung durch Taten. Mit Gottesliebe ist die liebende Hingabe an Gott gemeint. Schliesslich gibt es noch das raja yoga, auch "Königsyoga" genannt. Es ist der Weg der Geisteskontrolle und meditativen Erleuchtung! Ein Ziel, das wohl klar zu hoch gesteckt ist!

Bei den abrahamischen Offenbarungsreligionen (Judentum, Christentum und Islam), gilt es jeweils den Geboten der jeweligen heiligen Schrift zu folgen. Allen dreien gemeinsam ist der Dekalog - die zehn Gebote. Das Befolgen der Gebote ist der Weg zum Heil und in den Himmel. Umgekehrt droht bei Verfehlung die Hölle. Das Christentum hat nun eine besonders charakteristische Art und Weise gefunden, um mit dem Lastcharakter des Menschseins umzugehen. Ursache des irdischen Leidens ist eine Nichtigkeit: die ersten beiden Menschen haben einen verbotenen Apfel gegessen! Dafür stellen sich Christen dann ihre "Erlösung" auch recht einfach vor. Mit dem qualvollen Tod von Jesus Christus am Kreuz wird der Glaube zelebriert, dass Gott für uns leidet und wir dafür von unseren Sünden erlöst sind. In protestantischer Sicht ist dann auch noch nur Gottesglaube allein entscheidend (sola fide). Allein durch den Glauben an Christus, unseren Herrn, sollen wir Eingang in den Himmel erlangen. Was mir dabei zu kurz kommt, sind die grossen ethischen Ansprüche, die Jesus uns vorgelebt hat, und die uns ein Vorbild sein sollten. Auch seine Lehre ist geprägt von einem radikalen Liebesgebot! Etwas weniger Gottesfrömmelei, dafür mehr gute Taten! Dies gilt auch für die Moslems. Deren Antwort auf das Unzuhause in dieser Welt ist Besessenheit vom Beten. Fünf Mal am Tag sollten es schon sein. Totale Hingabe an Gott! Und auch die Juden sind ähnlich Ritual versessen. Sie verbiegen sich um ihre 1000 Vorschriften den Sabat, die Reinheit, Speise, Gebet und Gottesdienst betreffend einzuhalten.

Bleibt als Bilanz für mich, dass der buddhistische Weg der Überwindung des Anhaftens an diese Welt ernst genommen werden sollte. Und das Christentum, dass - in seiner ethischen Variante - die gelebte Liebe in's Zentrum stellt. Was vielleicht der beste Lebenssinn ist! Aber etwas taoistische Leichtigkeit und der Traum von einer fantastischen Alleinheit sollten dabei auch nicht fehlen.

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