Mittwoch, 26. Januar 2011

Gewalt und Liebe

Friede auf Erden? - Der jugendliche Schläger kennt kein Mitleid mit seinem Opfer: „Ich mach so lange weiter, bis meine Freunde mich zurückzerren. Mitleid? Nö, wieso?“ In der Sprache der Gewalt ist das Wort „Mitleid“ nicht enthalten, auch wenn das Opfer schon längst am Boden liegt. Denn wer sich dem Rausch der Gewalt hingibt, wie etwa jugendliche Banden, sucht den Kick, will dem langweiligen Alltag entfliehen, will Frust abladen. Mitleid ist ein Gefühl, das dabei stören könnte. Und fremd ist. Vielleicht haben jugendliche Schläger Mitleid auch nie selbst kennen gelernt.
Denn Gewalt ist ein Teufelskreislauf, der immer neue Gewaltausbrüche hervorbringt. Dieser Kreislauf erlahmt nie, verliert nie seine Energie. Er kann nur unterbrochen werden. Nein, nicht mit Gegengewalt. „Wer das Schwert ergreift, wird durch das Schwert umkommen“, heißt es in der Bibel (Matthäus 26,52). Denn Gewalt steckt an wie eine bösartige Krankheit. Gewalt kann durch Gegengewalt zwar begrenzt, aber niemals unterbrochen werden. Wer das will, muss den dazugehörigen Sumpf aus Hoffnungslosigkeit, Trost- und Lieblosigkeit trockenlegen. Der Apostel Paulus zählt in seinem Hohelied der Liebe drei Mittel auf, die die Seele nähren und sie gegen Gewalt immunisieren: „Nun aber bleiben Glaube, Liebe, Hoffnung, diese drei, aber die Liebe ist die stärkste unter ihnen.“ (1. Korinther 13,13) Wie aber sollen wir uns das konkret vorstellen?
Ein Kind kommt zur Welt, und wir erleben das Wunder des Neuanfangs. Darin liegt die Stärke der Liebe. Und ihre Schwäche zugleich, denn neugeborenes Leben ist auf Hilfe und Mitleid angewiesen. Gott antwortet auf Unrecht und Gewalt mit jedem Schrei eines Neugeborenen. In einem von ihnen hat er der Welt sein eigenes Gesicht gezeigt. Es ist ein Gesicht voller Liebe und Mitleid oder, wie die Bibel es ausdrückt: Erbarmen. Über Täter und Opfer zugleich. Nicht, um alles und jeden über einen Kamm zu scheren. Sondern um jedem, dem Täter wie dem Opfer, die Möglichkeit eines neuen Anfangs zu schenken und der Spirale der Gewalt in den Arm zu fallen.
aus: Wort zum Sonntag, vom 11. Dezember 2010, Deutsche Welle Radio, Von Pfarrerin Marianne Ludwig aus Berlin


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Wer sich für die Präsenz der Evangelischen Kirche in Deutschland in den elektronischen Medien interessiert, hier der Link zum Medienportal der Evangelischen Kirche mit der Mediathek von rundfunk.evangelisch.de.
Im Falle der Schweiz verweise ich lieber auf die Website von SR DRS zum Thema Religion. Besonders hervorzuheben ist hier die Sendung "Perspektiven". Und beim Schweizer Fernsehen sind die Sternstunden Religion und v.a. Philosophie die Highlights. Aber auch die "Bilder zum Feiertag" sind sehenswert. Z.B. als Alternative zum Christlichen "Wort zum Sonntag".
Beim ORF mag ich v.a. die Sendungen in der Reihe "Kreuz und Quer" und "Religionen der Welt".

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