Sonntag, 9. Januar 2011

Risse im Dasein: Satanismus

Während Okkultismus noch relativ harmlos die Lehre vom Verborgenen ist, ist sie doch oft auch der Einstieg in die "dunkle Seite der Macht". Ziel ist schon hier Macht über die Macht zu erlangen. Mit magischem Handeln versucht man Einfluss auf sein Schicksal zu gewinnen. Von einem naturwissenschaftlichen Standpunkt aus sind aber sowohl schwarze Magie, wie auch die weisse Magie (z.B. die Sakramente der Katholischen Kirche) irrational und nutzlos! Die Angst kann einen aber in einen Teufelskreis führen. Vom Okkulten zum Satanismus ist es dann nicht mehr ein so grosser Schritt. Die Erfahrung, dem Bösen oft machtlos ausgeliefert zu sein, schürt die Angst und bestärkt die Vorstellung, dass dahinter eine eigene Wirkungsmacht steht. Der Satanismus ist der Glaube, der das Böse oder Satan zur anrufbaren Wirkungsmacht erklärt. "Tue, was du willst, sei das ganze Gesetz." Es gilt uneingeschränkt das Recht des Stärkeren. Zu Beginn kann es ja noch nur ein "Protestsatanismus" gewesen sein. Man will sich von der Menge unterscheiden. Und es ist leider auch so, dass man vor einem Satanisten mehr Angst hat. Auch wenn Satanismus mit Gewaltbereitschaft, Sadismus, Menschenverachtung und Zerstörung zu tun hat, so sind es schliesslich v.a. anthropologische Gegebenheiten, die dahinter stecken und nichts Teuflisch-Überirdisches.  Vielleicht sind ja angebliche "Dämonen" nur unterdrückte Triebregungen? - Wir sollten uns also fragen, ob es wirklich ein spezifisch satanisches Motiv für kriminelle Handlungen gibt, das sich von Eifersucht, Geltungsstreben, Verzweiflung, Gewinnsucht, Fanatismus und all den anderen Motiven für Kriminalität unterscheidet. Die harmlosere Form von Satanismus ist dann auch nicht viel mehr als eine Selbstverherrlichung. Der Menschen mit seinem Willen steht im Zentrum. Wer nun diesen Willen gut entfalten kann, herrscht über andere. Zur Entfesselung des Willens dienen magisch-satansiche Rituale. Satan verkörpert den absolut mächtigen Willen. Offensichtlich ist, dass damit der Glaube und die Ethik des Christentums umgekehrt wird. Die Kräfte des Grauens, der Gewalt, der Menschenverachtung und der Zerstörung werden mobilisiert. ("Daher schlage hart und tief und zur Hölle mit ihnen, Herrsche!" "Um im Bösen Erfolg zu haben, muss man absolut schlecht sein.") Der Mensch ist aber von Natur aus nicht eine solche grausame Bestie. Vielmehr muss er erst dazu gemacht werden. Natürliches Mitgefühl muss "ausgebrannt" werden. Und die natürliche Aversion gegen Ekel, Angst, Qual und Tod muss überwunden werden.
Dabei kann es auch passieren, dass eine Psychose entstehen kann. Opfer wie "überforderte Täter" können im Äussersten versuchen sich dadurch zu retten, dass "Stellvertreter" erschafft werden, die an ihrer Stelle diese Qualen erleiden sollen (multiple Persönlichkeit). Die Misshandlung wird zu einer Wahnvorstellung. Durch Phantasien kann die unerträgliche Belastung artikuliert, verborgen oder verharmlost werden. Vertrauensverlust, Sprachlosigkeit, Schuldkomplexe, übertriebene Schamgefühle, Ohnmacht, Zweifel an der eigenen Wahrnehmung, Angst und Rückzug auf sich selbst sind die Folge (sowohl für Opfer wie für Täter). 
Aber das Training zur Überwindung von Ekel kann die Gefühle auch erfolgreich abstumpfen, so dass die Hemmschwelle herabgesetzt ist. Letzte Konsequenz dieser Übung in Abstumpfung und Gewaltbereitschaft sind dann das Töten und Opfern von Menschen und v.a. von Säuglingen! ("Der grausame Akt des Schlachtens und der Anblick des aus der Wunde hervorquellenden Bluts erhöht die Ekstase..."). Die gesamte Logik des satanischen Gedankengebäudes läuft mit geradezu mechanischer Konsequenz auf das Menschenopfer als höchste und eigentliche Erfüllung hin. Die Opferung eines Tieres bleibt nur Ersatz. Wie der Heilige zur Logik der "guten" Religion gehört, so gehört der Skrupellose zur Logik der "bösen" Religion Satanismus. Auch die Hierarchie innerhalb der satanischen Gruppe verheisst Führung nur dem am skrupellosesten Agierenden. ("Gnade lässt beiseite; verdammt die Mitleidigen! Tötet und quält, schont nicht. Auf sie!") Aber dass man wirklich am Leiden anderer nachhaltig Freude empfinden kann, bleibt mir unverständlich (und damit auch Marquis de Sades Sadismusregel: "Achte keine Gesetze mehr als die eurer Neigung, keine andere Moral mehr als die Natur, schmachtet nicht länger in den barbarischen Vorurteilen, die diese Reize verdorren liessen...") Im Labyrinth des religiösen Wahns wird der Rest seelischen Lebens zerstört.
Aber wer ist der wahre Herr dieser Welt? Gott oder Satan? - Eine erste intuitive Antwort kann z.B. fragen, ob wir im Lachen eines Kindes mehr eine Teufelsfratze meinen zu erkennen oder leuchtet da nicht das göttliche Licht stärker auf?! Eine etwas kompliziertere Antwort, bzw. die komplexeste mögliche Antwort versucht den "Kaffesatz" der menschlichen Kulturentwicklung und des Schöpfungsgeschehens als Ganzes in den Blick zu bekommen! Dies ist der Ansatz der Evolutionären Spiritualität, die versucht den roten Faden aufzuzeigen, wie im gesamten Evolutionsgeschehen die Kräfte der Liebe immer stärker werden (vgl. letzten Post: Die verborgenen Tiefen der Evolution)! In christlicher Sprache ist es das anbrechende Reich Gottes, dass bereits in dieser Welt erkannt werden kann. (Allzu biblizistische Christen, die sehr am  "Worte Gottes" hängen, scheint es mir, können noch etwas schneller aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Da sie ja so am Buchstaben hängen, kann das Auftauchen einer anderen, häretischen Schrift zu einer ernsthaften Herausforderung werden. War nicht vielleicht der Teufel sogar der Bruder von Jesus? Auf irgendeiner mysteriösen Schriftrolle, in irgend einem apokryphen Evangelium steht es so geschrieben. Wer sich nur an der "Heiligen Schrift" orientiert, kann da schon mal schneller umfallen. Steht nun doch nur noch Wort gegen Wort .....)
Was die göttliche Spur der Liebe anbelangt, müssen wir aber auch darauf hinweisen, dass diese Welt ein leidvolle Welt ist und die Existenz des Bösen schliesslich ein Mysterium bleibt! Ein Teil des Bösen kann zwar durch die Willensfreiheit erklärt werden: Nur wenn wir uns auch falsch und böse entscheiden können, haben wir wirklich einen freien Willen. Dies betrifft aber nur das Böse, das durch moralisch böses Handeln der Menschen hervorgebracht wird. Naturkatastrophen, Krankheit, Alter und Tod entziehen sich aber diesem Erklärungsschema. Sie sind Teil des sogenannten "metaphysischen Bösen". Erklärungen der Religionen hierfür in Stichworten: Das Böse ist eine Folge der Erbsünde (Christentum). Das Böse ist Teil des Maya (Illusion) der Welt (Hinduismus), Yin-Yang-Einheit von Gut und Böse (Daoismus). Das Böse ist der Pfeil im Fleisch des Menschen, dessen Herkunft der Buddhismus aber nicht mehr weiter zu erklären versucht. Ihm ist die Überwindung des Bösen und des Leids zentral!


Was dich liebt, tötet dich, darum töte das, was du liebst! (Satanismus)
"Ja, und dann... dann musste ich mein eigenes Baby opfern..."

oder:

Lass dich vom Bösen nicht besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute. (Römerbrief, 12.21) (Wie kann ich zu einem Vorbild für andere werden?)

denn:

Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch. Friedrich Hölderlin


Einführungsliteratur zum Thema:
Roland Biewald. 2000. Okkultismus - Satanismus. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig.
Guido und Michael Grandt. 1995. Schwarzbuch Satanismus - Innenansicht eines religiösen Wahnsystems. Pattloch, München

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