Samstag, 2. Mai 2009

Aus dem "New-Age-Lexikon" des Vatikans

Entwicklung: In New Age geht es dabei um viel mehr als um die Frage nach der Entwicklung lebender Wesen hin zu höheren Lebensformen; das physische Modell ist auf den spirituellen Bereich hin entworfen, so dass eine den Menschen innewohnende Macht sie in Richtung höherer spiritueller Lebensform treibt. Die Menschen, so heisst es, besitzen keine volle Kontrolle über diese Macht, aber ihre guten und schlechten Taten können ihren Fortschritt beschleunigen oder verlangsamen. Das Gesamte der Schöpfung, einschliesslich der Menschheit, bewegt sich demnach unerbittlich auf eine Verschmelzung mit dem Göttlichen zu. Die Reinkarnation nimmt eindeutig einen wichtigen Stellenwert ein in dieser Vorstellung von einer schrittweisen spirituellen Entwicklung, von der es heisst, dass sie vor der Geburt beginne und nach dem Tod andauere.

Holismus: Ein Schlüsselgedanke des "neuen Paradigmas"; er beansprucht, einen theoretischen Rahmen bereitzustellen, der die gesamte Weltsicht des modernen Menschen integriert. Im Gegensatz zu einer Erfahrung wachsender Fragmentierung in der Wissenschaft und im täglichen Leben dient "Ganzheitlichkeit" als ein zentrales methodologisches und ontologisches Konzept. Die Menschheit passt ins Universum als Teil eines einzelnen lebenden Organismus, eines harmonischen Netzwerks dynamischer Beziehungen. Die klassische Unterscheidung von Subjekt und Objekt, an der man typischerweise Descartes und Newton die Schuld gibt, wird durch verschiedene Wissenschaftler herausgefordert, die eine Brücke zwischen Wissenschaft und Religion anbieten. Die Menschheit ist Teil eines universalen Netzwerks (Ökosystem, Familie) von Natur und Welt und muss nach Harmonie mit jedem Element dieser quasi-transzendenten Autorität streben. Versteht man seinen eigenen Platz in der Nature und im Kosmos, der ebenfalls göttlich ist, versteht man auch, dass "Ganzheit" und "Heiligkeit" ein und dasselbe sind. Seinen deutlichsten Ausdruck findet das Konzept des Holismus in der "Gaia"-Hypothese.

Human-Potential-Bewegung: Seit ihren Anfängen (Esalen, Kalifornien, in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts) ist sie zu einem Netzwerk von Gruppen angewachsen, die die Freisetzung der angeborenen menschlichen Schöpferkraft durch Selbstverwirklichung fördern. [...] Es gibt klare Verbindungen zwischen fernöstlicher Spiritualität und Psychotherapie, während sich die Psychologie C.G. Jungs und die Human-Potential-Bewegung sehr einflussreich auf den Schamanismus und "rekonstruierte" Formen des Heidentums wie Druidentum und Wicca auswirkten. In einem allgemeinen Sinn lässt sich "persönliches Wachstum" verstehen als die Gestalt, die "religiöses Heil" in der New-Age-Bewegung annimmt: Man behauptet, dass die Befreiung von menschlichem Leid und menschlicher Schwäche durch die Entwicklung unseres menschlichen Potenzials zu erreichen ist, was dazu führt, dass wir in zunehmendem Mass mit unserer inneren Göttlichkeit in Berührung kommen.

Karma (von der Sanskrit-Wurzel Kri = Handlung, Tat): Ein Schlüsselbegriff in Hinduismus, Jainismus und Buddhismus, dessen Bedeutung aber nicht immer die gleiche gewesen ist. In der antiken vedischen Tradition bezog er sich auf die rituelle Handlung (Opfer), mit der eine Person Zugang zur Glückseligkeit oder zum Segen des nachtodlichen Lebens erhielt. Als der Jainismus und der Buddhismus auftraten (etwa sechs Jahrhunderte vor Christus), verlor das Karma seine Heilsbedeutung: Der Weg zur Befreiung war die Kenntnis des Atman oder des "Ich". In der Lehre des Samsara wurde es verstanden als der unaufhörliche Kreislauf von Geburt und Tod des Menschen. [...] Im Kontext des New Age wird das "Gesetz des Karma" oft als das moralische Äquivalent zur kosmischen Entwicklung betrachtet. Es hat nichts mehr zu tun mit dem Bösen oder des Leiden - Illusionen, die man als Teil eines "kosmischen Spiels" erlebt -, sondern ist das universale Gesetz von Ursache und Wirkung, Teil der Tendenz des zusammenwirkenden Universums hin zu moralischer Balance.

Monismus: Der metaphysische Glaube, dass Unterschiede zwischen den Wesen illusorisch sind. Es gibt nur ein universales Sein, von dem jedes Ding und jede Person ein Teil ist. Insofern der Monismus des New Age die Idee einschliesst, dass die Wirklichkeit von Grund auf spirituell ist, handelt es sich um eine zeitgenössische Form des Pantheismus (manchmal explizit eine Ablehnung des Materialismus, besonders des Marxismus). Sein Anspruch, alle Dualität aufzulösen, lässt keinen Raum für einen transzendenten Gott, deshalb ist alles Gott. Ein weiteres Problem entsteht für das Christentum, wenn die Frage nach dem Ursprung des Bösen gestellt wird. C.G. Jung sah das Böse als die "Schattenseite" des Gottes, der im klassischen Theismus, alleingültig ist.

Mystik: New-Age-Mystik bedeutet eher, sich nach innen zu sich selbst zu wenden, als die Gemeinschaft mit dem Gott, der "der ganz Andere" ist, zusuchen. Es ist ein Verschmelzen mit dem Universum, eine endgültige Auslöschung des Individuums in der Einheit des Ganzen. Die Erfahrung des Ich gilt als Erfahrung der Göttlichkeit, deshalb schaut man nach innen, um authentische Weisheit, Kreativität und Macht zu entdecken.

Pantheismus (griech. pan = alles und theos = Gott): Der Glaube, dass alles Gott ist oder bisweilen, dass alles in Gott ist und Gott in allem (Panentheismus). Jedes Element des Universums ist göttlich, und die Göttlichkeit ist gleichermassen in allem gegenwärtig. Es gibt in dieser Sichtweise keinen Platz für Gott als ein eigenständiges Wesen im Sinne des klassischen Theismus.

Planetares Bewusstsein: Diese Weltsicht, entstanden in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts, um die Treue zur Gemeinschaft der Menschheit anstatt zu Nationen, Stämmen oder anderen etablierten Gruppen der Gesellschaft zu fördern. Es kann als Erbe von Bewegungen des frühen 20. Jahrhunderts gelten, die eine Weltregierung propagierten. Das Bewusstsein von der Einheit der Menschheit passt gut zur Gaia-Hypothese.

Reinkarnation: Im Kontext des New Age ist Reinkarnation verbunden mit dem Konzept von der aufsteigenden Entwicklung hin zur Vergöttlichung. Im Gegensatz zu indischen oder davon abgeleiteten Religionen betrachtet New Age die Reinkarnation als ein Fortschreiten der individuellen Seele auf einen vollkommeneren Zustand hin. Was widergeboren wird, ist wesentlich etwas Immaterielles oder Spirituelles; genauer, es ist Bewusstsein, jener Energiefunke in der Person, der an der kosmischen oder der "Christus-Energie" teil hat. Der Tod ist nichts anderes als der Übergang der Seele von einem Körper zu einem anderen.

Transzendentalismus: Im Neuengland des 19. Jahrhunderts als eine Bewegung von Schreibern und Denkern entstanden, die eine Reihe idealistischer Überzeugungen von der wesentlichen Einheit der Schöpfung, der angeborenen Güte der menschlichen Person, sowie der Überlegenheit der Intuition über Logik und Erfahrung für die Offenbarung der tiefsten Wahrheiten teilten. Die Hauptfigur ist Ralph Waldo Emerson, der sich vom orthodoxen Christentum kommend über den Unitarismus zu einer neuen natürlichen Mystik bewegte, die Konzepte des Hinduismus mit populären amerikanischen Konzepten, wie dem Individualismus, der persönlichen Verantwortung und dem Bedürfnis nach Erfolg kombinierte.

Quelle: Jesus Christus, der Spender lebendigen Wassers. Überlegungen zu New Age aus christlicher Sicht. Päpstlicher Rat für die Kultur und Päpstlicher Rat für den Interreligiösen Dialog. Deutsche Übersetzung der englischen Ausgabe, 2003. (www.kath.ch/infosekten/ -> New Age aus christlicher Sicht, PDF).

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